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C 21156 FreportniedersachsenersatzkassenVerband der Angestellten-Krankenkassen e.V. (VdAK)AEV – Arbeiter-Ersatzkassen-VerbandDez. 2006Gesundheitsreform: Gesetzentwurf liegt vorDer Tragödie erster TeilGut ein Jahr ist es her, da bekannten sichUnion und SPD in Berlin in ihrem Koalitionsvertrag zur „Sicherung einer nachhaltigenund gerechten Finanzierung“ im Gesundheitswesen. Herausgekommen ist ein Gesetz,das nicht nur das genaue Gegenteil bewirkt,sondern darüber hinaus katastrophale Folgen für die Versorgung haben wird.Dass Beitragssatzerhöhungen schon vor einer Reform feststehen, ist selbst für das an Reformennicht arme Gesundheitswesen ein Novum. DieGründe dafür sind vielschichtig. So erstattet derBund künftig weniger Geld für krankenversicherungsfremde Leistungen aus der Tabaksteuer unddie Mehrwertsteuererhöhung schlägt auch auf diemedizinische Versorgung durch. Strukturelle Maßnahmen zur Ausgabenbegrenzung fehlen in demGesetzentwurf völlig, außerdem sind verschiedeneLeistungsausweitungen vorgesehen.Systematische Schließungvon KrankenkassenNun könnte man schlichtweg „Thema verfehlt“ unterdas Gesetz schreiben, wenn es nicht noch schlimmer käme. So wird das „GKV-Wettbewerbsstär-vdakVerband derAngestelltenKrankenkassen e.V.AEV – ArbeiterErsatzkassenVerband e.V.In dieser Ausgabe:GesundheitsreformGemeinsam gegen VerstaatlichungGKV-ForumSeltene EinigkeitPflegeQualitätsbericht zeigt Licht und SchattenKrankenhäuserSteigende Ausgaben bleiben Daueraufgabekungsgesetz (GKV-WSG)“ systematisch zur Schließung von Krankenkassen führen: Krankenkassen,die wegen vieler kranker Versicherter oder regionaler Besonderheiten nicht mit der staatlichen Zuweisung aus dem Gesundheitsfonds auskommen, müssen eine Zusatzprämie erheben, die wegen der entsprechenden Härtefallregelung auf ein Prozent desHaushaltseinkommens der Mitglieder begrenzt ist.Das bedeutet: Alle Kassen mit einem Finanzbedarf,der die staatliche Zuweisung um mehr als ein Prozent übersteigt, können bereits zu Beginn des Fondsihre Ausgaben nicht mehr decken.
2ersatzkassen in niedersachsenDie beschriebene Entwicklung wird im weiteren Verlauf immer mehr Kassen betreffen: Nach Start desFonds wird jede Ausgabensteigerung im Gesundheitswesen durch Prämienerhebung finanziert werden, bis fünf Prozent des gesamten Volumens erreicht sind. Die Mittel aus dem Fonds bleiben alsotrotz steigender Ausgaben der Kassen zunächst stabil, so dass die Lücke zwischen Zuweisung und Finanzbedarf größer wird und bei weiteren Kassennicht mehr durch Prämienerhebung zu decken ist.ser Wettbewerb wird ausgehebelt – dem Namendes Reformgesetzes zum Trotz. Kompetenzen imVertragsrecht, die bislang bei den Landesorganisationen der Kassenarten lagen, sollen auf den neuen Zentralverband der Krankenkassen auf Bundesebene übergehen.Mehr Wettbewerb?Dabei hieß es noch in den Mitte des Jahres beschlossenen Eckpunkten der Koalition, dass sichder neue Dachverband auf „einige wenige wettbewerbsneutrale Aufgaben“ beschränkt, auch um kartell- oder monopolähnliche Strukturen zu vermeiden. Im Gesetzentwurf sind daraus fast alle Aufgaben geworden. Begründet wird dies mit den gutenErfahrungen in der Rentenversicherung. Die wiederum ist nun gerade kein wettbewerbliches, sondernein zentralstaatlich organisiertes System – ein entlarvender Hinweis, wie nach Auffassung der Autoren des Gesetzentwurfs die gesetzliche Krankenversicherung weiterentwickelt werden soll.Wettbewerb im Gesundheitswesen ist Wettbewerbum gute und effiziente Versorgung. So schließenOrts-, Betriebs-, Innungs- und Ersatzkassen mit derÄrzteschaft und anderen Leistungserbringernjeweils eigene Verträge über die Versorgung undderen Vergütung. Neue Formen der sektorenübergreifenden Versorgung und der Zusammenarbeit inÄrztenetzen werden im Sinne von Suchprozessender Vertragspartner in den Regionen erprobt. Die-Erstaunlicherweise hat bis heute niemand erklärt,worin eigentlich der Sinn der Kernelemente der Reform besteht, etwa des Gesundheitsfonds. Es gibtzu denken, dass sich kaum jemand öffentlich hinterdas Vorhaben stellen mag, am allerwenigsten diegewählten Vertreter der Versicherten. Der Stoff, ausdem das GKV-WSG ist, erinnert an die klassischegriechische Tragödie: Das Scheitern ist unausweichlich, weil schon in der Konstellation angelegt.Die Schließung dieser Kassen hat keinerlei Steuerungswirkung, weil sich ihre Morbiditätsstruktur aufandere Kassen verteilt, bei denen der gleiche Effekteintritt. Damit wird mit hohen Transaktionskostendie Infrastruktur der Sozialversicherung in Teilenzerschlagen, ohne dass ein erkennbarer Vorteil fürdie Versicherten eintritt.DER KOMMENTARNur Mut Die Bundeskanzlerin hat es kürzlich auf den Punkt gebracht. Sie sehe, sagte Angela Merkel zum Thema Kündigungsschutz, keine Veranlassung einer Änderung „wenn die Wirtschaft findet, dass die jetzige Regelung besser ist und die Gewerkschaften eh dagegensind.“ Das klingt banal, ist aber mutig. Denn es bedeutet Bereitschaft, politische Vorhaben in Frage zu stellen, wenn niemand einen Sinn in den Vorschlägen zu sehen vermag.Jörg Niemann,Leiter derVdAK/AEVLandesvertretungNiedersachsenDieser Mut fehlt zurzeit in der Gesundheitspolitik. Alle gesellschaftlich relevanten Gruppen haben nachdrücklich vor denFolgen der Reform gewarnt. Während das eigentliche Ziel einer nachhaltigen finanziellen Stabilisierung der gesetzlichenKrankenversicherung längst aus den Augen verloren ist, droht die größte Umwälzung in der Geschichte der Sozialversicherung der Bundesrepublik: Die für ein hohes Maß an Akzeptanz und Interessenausgleich, aber auch für Stabilität sorgendeSelbstverwaltung wird zerschlagen und die wesentlichen Steuerungskompetenzen bei Finanzierung und Leistungsdefinitionfaktisch auf den Staat übertragen – ohne irgendeine Plausibilität, dass dadurch bessere Ergebnisse zu erwarten sind.Überhaupt nicht zu Ende gedacht ist die Entscheidung, auf Krankenkassen Insolvenzrecht anzuwenden und damit einenTeil der Sozialversicherung in die Pleite zu treiben. Und zu schlechter Letzt werden die Verbände, die es in der Vergangenheit geschafft haben, innerhalb eines wettbewerblichen Systems politische Vorgaben umzusetzen und dabei häufiggenug die Kastanien aus dem Feuer zu holen, in die Wüste geschickt.Es ist eine Reform, die niemand will, weil sie keinem nützt – eine politische Missgeburt, bei der es nicht mehr umInhalte geht, sondern um Gesichtswahrung. Es wäre eine wahrhaft große politische Leistung, zuzugeben, dass derVersuch einer Kreuzung von Bürgerversicherung und Gesundheitsprämie gescheitert ist, scheitern musste, und dasProjekt fallen zu lassen. Lieber keine Reform als eine mit unabsehbaren Folgen.
ersatzkassen in niedersachsenGemeinsame Resolution von Krankenkassen und Leistungserbringern„Gegen Verstaatlichung und Vereinheitlichung!“In Niedersachsen warnen Ärzte, Zahnärzte, Krankenhäuser, Apotheker und Krankenkassen in einergemeinsamen Resolution vor Verstaatlichung undVereinheitlichung der Gesundheitsversorgung alsFolge der geplanten Reform. „Diese Reform würdedas Gesundheitswesen in die Sackgasse einer Zentralverwaltungswirtschaft führen“, heißt es in demPapier. Die Versorgung der Menschen im Landwürde schlechter und wegen des höheren Bürokratieaufwandes teurer. Die Unterzeichner fordern vonder Bundesregierung einen „wirklichen Neuanfang“bei der Gesundheitsreform.Das deutsche Gesundheitswesen zeichne sich bislang durch Vielfalt und einen sich entwickelndenWettbewerbaus: Krankenkassen undihre Verbändeverhandeltenmit den Vertretern der Leistungserbringerin einem offenen Suchprozess über diebesten Lösungen für dieVersicherten.„Dieser Wettbewerb drohtdurch weitgehende Beseitigung der Vertragskompetenzen derBeteiligten unddamit eine faktische Verstaatlichung ausgehebelt zuwerden“, fürchten die Unterzeichner. Beispiel fürdie Vereinheitlichung sei der geplante Kassendachverband auf Bundesebene.Die Organisationen kritisieren, dass wesentlicheEntscheidungen der Gesundheitsversorgung künftig nicht mehr von demokratisch gewählten Vertretern von Versicherten, Arbeitgebern und Leistungserbringern getroffen, sondern staatlich festgelegtwürden. Sie fordern, „an der Selbstverwaltung alsdrittem Weg zwischen Markt und Staat“ festzuhalten. Die Selbstverwaltung sei am besten geeignet,ein modernes und komplexes Gesundheitswesenmit entsprechenden Interessenkonflikten zu steuern. „Auseinandersetzungen im Gesundheitswesenspiegeln reale Interessen wider, die sich nicht durchstaatliche Regulierung aufheben lassen“, heißt es.Gefahren sehen die Unterzeichner auch für die Finanzierung des Gesundheitswesens, die bislangweitgehend unabhängig von öffentlicher Haushaltslage und politischem Kalkül auf Basis von Beitragszahlungen an die Krankenkassen erfolge: „DieFinanzhoheit der einzelnen Krankenkassen solldurch eine staatliche Beitragsfestsetzung und einestaatliche Zuweisung von Mitteln aus dem geplanten Gesundheitsfonds abgelöst werden. Die für dieVersorgung zur Verfügung stehenden Finanzmittelwären damit dauerhaft Gegenstand der politischenDiskussion und von der öffentlichen Haushaltslageabhängig. Alle internationalen Erfahrungen zeigen,dass eine starke staatliche Steuerung zu einer Unterfinanzierung des Gesundheitswesens führt.“Die Resolution finden Sie im Internet unterwww.vdak-aev.de/LVen/NDS/index.htmDer [email protected]/AEV-Landesvertretung onlineDie VdAK/AEV-Landesvertretung Niedersachsenstellt ab sofort umfangreiche Informationen fürVersicherte, Vertragspartner und Journalistenim Internet zur Verfügung. Die Verbandsseitewww.vdak-aev.de ist um den Auftritt der Landesvertretung mit der Adressewww.vdak-aev.de/LVen/NDS/index.htmerweitert worden. Die Erstzkassenverbände infor-mieren auf der Seite über Aufgaben, Standpunkteund Mitgliedskassen, stellen Veröffentlichungen,nützliche Dokumente und praktische Hilfen inallen Versorgungsbereichen zur Verfügung. Journalisten finden ein vollständiges Pressearchivab 2004, Bilder sowie den Landesreport des Verbandes.3
4ersatzkassen in niedersachsenSeltene Einigkeit beim GKV-ForumReform ohne GewinnerSelten sind politische Entscheidungen möglich, diealle Beteiligten und Betroffenen gleichermaßen zuGewinnern machen. Wenn aber Arbeitnehmer undArbeitgeber, Sozialverbände und Wissenschaft, Verbraucherschützer, Versicherten- und Patientenvertreter gemeinsam Sturm laufen, gehören die Vorschläge dringend auf den Prüfstand. Das ist das Ergebnis des GKV-Forums „Gesundheit: Eine Reform ohne Gewinner?“ vor rund 100 Gästen in Hannover.Die Referenten sind sich einig: Die Reform bietetkeine nachhaltigen Lösungen bei der Finanzierungdes Gesundheitswesens, setzt auf staatliche Regulierung statt auf Wettbewerb, macht die Versorgungebenso teurer wie schlechter – und wird zum Teilschlichtweg nicht funktionieren.Bei der Veranstaltung geht es nicht – wie sonst beidem Thema üblich – um politische Gesichtswahrung und Koalitionsdisziplin, sondern um Inhalte.Gefragt ist das Wissen der Experten und Praktiker.Beispiel Bürokratie: AOK-Vorstand Dr. Jürgen Petersagt, dass ihn der Einzug einer Zehn-Euro-Zusatzprämie 2,50 Euro kosten würde – 25 Prozent Verwaltungsaufwand! Martin Kind, Unternehmer undChef des Fußball-Bundesligisten Hannover 96, kritisiert steigenden Staatseinfluss und das „Ende derVerbändevielfalt, die die Pluralität der Gesellschaftwiderspiegelt“. Auch Gernot Schmidt, Präsident derHandwerkskammern in Niedersachsen, wundertsich, dass man ausgerechnet durch Monopole wieden geplanten Kassendachverband die Effizienzsteigern wolle.Versicherte werden einseitig belastetFür Adolf Bauer, Präsident des SozialverbandesDeutschlands, und den DGB-BezirksvorsitzendenHartmut Tölle sind die größten Verlierer der Reformdie Versicherten, weil sie durch die Zusatzprämieerneut einseitig belastet würden. Dr. Hans-JürgenMarcus, Caritasdirektor und Sprecher der nationalen Armutskonferenz, fühlt sich in diesem Zusammenhang an Hartz IV erinnert: „Trotz neuer Institutionen und höherer Kosten gibt es keine bessereVermittlung von Arbeitslosen“, sagt er.Was ist mit dem viel beschworenen Wettbewerb,der immerhin bei der Namensgebung des Gesetzentwurfs Pate stand? Professor Dr. Wolfgang Greiner, Gesundheitsökonom an der Universität Bielefeld, definiert Wettbewerb als Suchprozess mit demZiel bester Lösungen. Gemessen an diesem Anspruch könne nach der Reform höchstens in einemTeilbereich von weniger als einem Prozent des Gesundheitswesens von Wettbewerb die Rede sein.Argumente gegen die Reform (v.l.): Jörg Niemann (Leiter VdAK/AEV-Landesvertretung), Dr. Jürgen Peter(Vorstand AOK Niedersachsen), Martin Kind (Geschäftsführer KIND Hörgeräte), Gernot Schmidt (Präsident Vereinigung der Handwerkskammern Niedersachsen)
ersatzkassen in niedersachsenWeitgehend wird also Vereinheitlichung das Geschehen prägen, bestätigt Ingo Werner, Vorstandsvorsitzender des BKK-Landesverbandes: Vertragsinhalte würden zentralistisch festgelegt, für regionaleVersorgungsbesonderheiten gebe es künftig ebensowenig Platz wie für freiwillige Leistungen.Englische VerhältnisseJörg Niemann, Leiter der VdAK/AEV-Landesvertretung,warnt vor englischen Verhältnissen durch eine systematische Unterfinanzierung der Versorgung: „Der Beitrag zur Krankenversicherung wird durch staatlicheFestlegung zu einer quasi-Steuer und unterliegt damitpolitischem Kalkül“, sagt er. Auch die Zusatzprämie seials Ventil für Kostensteigerungen ungeeignet, weil ihreVermeidung zum eigentlichen Wettbewerbsparameterzwischen den Krankenkassen werde. „Außerdem sindKassen mit vielen Geringverdienern gar nicht in derLage, Finanzlücken über Prämiensteigerungen auszugleichen.“ Ein großer Teil der Politik, so Niemanns Fazit, hätte weder Systematik noch Wirkungen der Vorschläge durchdrungen. Die Reform sei ein seltsamerund widersprüchlicher Mix politischer Versatzstücke,der zu einer Umwälzung führen werde, wie sie die Sozialversicherung in der Bundesrepublik Deutschlandnoch nicht erlebt habe. Gewinner, das hat die Veranstaltung gezeigt, wird es dabei keine geben.Ersatzkassenforum zur GesundheitsreformRechtfertigung einer „Bankrotterklärung“Hannover, im Juli 2006: Die von der Koalition beschlossenen Eckpunkte zur Gesundheitsreform sindnoch druckfrisch, da lädt die VdAK/AEV-Landesvertretung zu einemErsatzkassenforum ein.Mit dabei ist FranzKnieps, Abteilungsleiterim Bundesgesundheitsministerium, der nichtwenigen als Strippenzieher der Reform gilt.Er diskutiert mit demrenommierten Gesundheitsexperten ProfessorDr. Friedrich WilhelmSchwartz von derMedizinischen Hochschule Hannover undder VdAK/AEV-Vorstandsvorsitzenden Dr.Erklärungsversuche: Franz KniepsDoris Pfeiffer.„Staat soll es richten“Knieps hat einen schwierigen Job: Er hat eine Reform zu rechtfertigen, gegen die fast die gesamteRepublik Sturm läuft. Irritationen könne er verstehen, die Empörung sei aber unangebracht, sagt er.Die gefundenen Lösungen seien wegen der politischen Konstellation alternativlos, von den Vorzügeneiner Selbstverwaltung im Gesundheitswesen wolleman heute nichts mehr hören. Zum Tenor der Aussagen schreibt die Hannoversche Allgemeine Zeitung später: „Es klang wie: Nun müsse der Staat esrichten.“Professor Schwartz sieht in der Reform zwei nichtkompatible Regelungsansätze: Kassen sollen ineinen schärferen Wettbewerb geschickt werden,gleichzeitig hängen sie am Tropf staatlicher Finanzzuweisung. Verbandschefin Pfeiffer nennt das „einemerkwürdige Mischung aus Verstaatlichung undPseudowettbewerb.“ Sie findet deutliche Worte:„Die Gesundheitsreform ist die wichtigste Anforderung an die Bundesregierung – die Umsetzung gerät zur Bankrotterklärung.“ Die Regelungen hält siefür einen „als Finanzreform getarnten vollständigenSystemwechsel, mit dem sich der Staat umfassendeDurchgriffsrechte sichert“.„Schräger Wettbewerb“Der viel beschworene Wettbewerb, sagt Pfeiffer,sei allenfalls Wettbewerb um Gesunde, denn dieZusatzprämie drücke nicht die Effizienz einer Kasse aus, sondern die zu finanzierende Krankheitslast. Daran ändere auch eine Reform des Finanzausgleichs zwischen den Kassen nichts. Die Krankenkassen würden in diesem „schrägen Wettbewerb“ nach allen kurzfristigen Einsparmöglichkeiten suchen und zu allererst bei den freiwilligenLeistungen fündig werden. „Gestaltung von Versorgung ist aber nur mittel- und langfristig möglich“, betont sie.Wie seltsam das Wettbewerbsverständnis ist, dasder Reform zugrunde liegt, macht die VdAK/AEVVorstandsvorsitzende am Beispiel der Hausarztverträge deutlich: Dort nämlich gab es bislang tatsächlich Wettbewerb, indem die einzelnen Kassensie abschließen konnten, wenn sie darin einen Vorteil sahen. Durch die Reform aber werden dieseVerträge für alle Kassen verpflichtend: Ein Unterscheidungsmerkmal beim Versicherungsangbot weniger, und die Ärzte freuen sich über ihr Verhandlungsmonopol.5
6ersatzkassen in niedersachsenGutachter legen Bericht zur Pflegequalität vorLicht und SchattenTrägerschaft der Einrichtungen. Und: KleinsteinrichDie gute Nachricht vorweg: Die Versorgungsquatungen haben im Vergleich zu den größerenlität in niedersächsischen Pflegeeinrichtungen hatEinrichtungen bei der Qualität aufgeholt.sich 2005 leicht verbessert. Das geht aus einemBericht des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) hervor. Bis auf eine Ausnahme(„Pflege bei Sondennahrung“) sind die Ergebnissebei den verschiedenen Prüfkategorien im Vergleichzu den Vorjahren gleich geblieben oder bessergeworden. Das beste Resultat gab es miteinem Erfüllungsgrad von 97 Prozent beider „aktivierenden Pflege“. Dem Bericht lieBESSERE ZUSAMMENARBEITgen 470 Prüfungen zugrunde, 376 davon inBEI DER QUALITÄTSSICHERUNGstationären Einrichtungen. Das bedeuteteine Steigerung der Prüfungen insgesamtDie für die Prüfung von Pflegeeinrichtungen zuständigenum rund 17 Prozent gegenüber 2004. 180Institutionen – der Medizinische Dienst der Krankenversimal prüfte der MDK verdachtsunabhängig,cherung (MDK) und die kommunalen Heimaufsichten –160 mal aufgrund von Hinweisen auf Pflesollen in Zukunft noch besser zusammenarbeiten. Dasgemängel, 130 mal als Wiederholungsprüsieht eine gemeinsame Empfehlung des Niedersächsifung.schen Sozialministeriums, der kommunalen Spitzenverbände, der Verbände der Pflegekassen und des MDKSteigende Zahlvor. Die Empfehlung ist die bundesweit erste dieser Art.von WiederholungsprüfungenSie wird seit Oktober zunächst als Pilotprojekt in fünfniedersächsischen Modellregionen umgesetzt. Ziel istDie Zahl der Wiederholungsprüfungen bedie Vermeidung von Doppelprüfungen und dem damitdeutet eine Steigerung um 44 Prozent. Dieverbundenen Bürokratieaufwand für Pflegeeinrichtunse Entwicklung ist zu analysieren, denngen, gleichzeitig aber auch ein stärkerer InformationsWiederholungsprüfungen empfiehlt deraustausch zwischen den Prüfinstanzen und eine bessereMDK nur, wenn bei der Erstprüfung MängelAbstimmung ihrer Maßnahmen. Das Verfahren soll abfestgestellt wurden, die direkte Auswirkun2007 zur Regel werden.gen auf die Versorgung der Versichertenhaben können. Die Gutachter wollen sichdamit vor Ort davon überzeugen, dass dieEinrichtung diese Mängel abgestellt hat.Bedenklich stimmt, dass nur sechs Prozentder Einrichtungen der Weitergabe des Prüfberichts an den Heimbeirat – also an dieunmittelbar Betroffenen und ihre Angehörigen – zugestimmt haben. Enttäuschendist außerdem die geringe Zahl zertifizierterEinrichtungen (2,7 Prozent). Diese Wertedeuten darauf hin, dass ein großer Teil derEinrichtungen die Bedeutung von Transparenz gegenüber den eigenen Kunden nochnicht ausreichend erkannt bzw. verinnerlichthat. Hier besteht Nachholbedarf, auch deshalb, weil Pflegebedürftige und ihre Angehörigen erfreulicherweise selbstbewussterals in der Vergangenheit auftreten – Indikator dafür ist die steigende Zahl von Beschwerden bei den Pflegekassen.Weitere Ergebnisse des Berichts: Es gibt keinen Qualitätsunterschied in Bezug auf dieKASSEN KÜNDIGEN VERTRAGMIT CELLER PFLEGEHEIMWegen fortgesetzter Qualitätsmängel haben die Pflegekassen in Niedersachsen unter Federführung derVdAK/AEV-Landesvertretung den Versorgungsvertragmit einem Pflegeheim in Celle gekündigt. Gutachterdes Medizinischen Dienstes hatten in dem Pflegeheimüber einen längeren Zeitraum erhebliche Mängel inder Qualität der Pflege festgestellt. Die Beanstandungen führten jedoch zu keinen erkennbaren Verbesserungen: Zwei Folgeprüfungen zeigten, dass weiterhinDefizite bestehen. Die Pflegekassen haben deshalb vonihrer gesetzlichen Möglichkeit Gebrauch gemacht undeine fristgerechte Kündigung ausgesprochen. Im Gegensatz zu einer fristgerechten Kündigung ist den Pflegekassen die fristlose Kündigung einer Einrichtung nurmöglich, wenn Leib und Leben der Bewohner unmittelbar gefährdet sind.
ersatzkassen in niedersachsenKrankenhäuser: Nullrunde beim Landesbasisfallwert vereinbartSteigende Ausgaben bleiben DaueraufgabeKrankenkassenverbände undKrankenhausgesellschaft haben inNiedersachsen für das kommendeJahr eine Nullrunde beim Landesbasisfallwert vereinbart. Weil Fehlschätzungen der Vergangenheitkorrigiert wurden, sinkt der Wertsogar um fünf Euro auf 2.786,93Euro. Die Vereinbarung gibt denHäusern nicht nur frühzeitig Planungssicherheit – Niedersachsenwar das erste Land mit einem solchen Abschluss –, sondern würdeauch die Kassenausgaben für diestationäre Versorgung stabilisieren; vorausgesetzt, Zahl undSchwere der Fälle blieben aufdem Niveau des Jahres 2006.Schere öffnet sich: Die Krankenhausausgaben der Kassen übersteigenseit Jahren ihre Einnahmen.Hier aber beginnt das Problem: Der Landesbasisfallwert bildet die Kosten für den durchschnittlichenKrankenhausfall ab; jeder einzelne Fall wird dannmit einem Schweregrad multipliziert – das Ergebnisist der Betrag, den die Krankenkasse für diesen Fallbezahlt. Garant für eine Ausgabenstabilisierung istdie Einigung also nicht, da – wie beschrieben – dietatsächliche Vergütungshöhe von dem Multiplikatorbestimmt wird, den die Krankenhäuser jeweils alsFallschwere abrechnen: Je größer der Multiplikator,desto teurer der Fall.Und so sind die Ausgaben der Kassen für denKrankenhausbereich seit Jahren deutlich stärkergestiegen als ihre Einnahmen, im vergangenenJahr stehen 3,31 % gegenüber 0,38 %, im ersten Halbjahr 2006 sind es 4,35 % zu 0,63 %(s. Schaubild).Dazu kamen zuletzt gesetzliche Vorschriften, diedie Versorgung verteuern: Eine ausführliche Analyse der VdAK/AEV-Landesvertretung dazu finden Sieim Internet unterwww.vdak-aev.de/LVen/NDS/index.htm.Fazit: Die von Teilen der Politik bisweilen geschmähteSelbstverwaltung hat Handlungs- und Konsensfähigkeit bewiesen. Eine wirkliche Ausgabensteuerung wirdaber nur möglich sein, wenn die Politik Vorgaben zurAusgabenbegrenzung auf Landesebene macht.Programme für chronisch Kranke kommen anSteigenden Zuspruch verzeichnen die niedersächsischen Ärzte und Krankenhäuser zu den strukturierten Behandlungsprogrammen für chronisch Kranke.So hatten sich bis Ende 2005 über 160.000 Patientinnen und Patienten in das Programm für Diabetesmellitus Typ 2 eingeschrieben. Das geht aus demQualitätsbericht von Krankenkassenverbänden, Kassenärztlicher Vereinigung und Krankenhausgesellschaft hervor. Kernpunkte der sogenannten DiseaseManagement-Programme sind die Behandlungnach wissenschaftlich anerkannten Leitlinien, dieaktive Beteiligung der Patienten sowie die gemeinsame Vereinbarung individueller Therapieziele.Die Qualitätsziele, die der Vereinbarung der Vertragspartner zugrunde liegen, wurden dem Berichtzufolge weitgehend erreicht. Beispiel Diabetes Typ2: Die Mitte 2003 gestarteten Programme solltenspätestens nach drei Jahren erreichen, dass derBlutdruck bei 20 Prozent der Patienten im Normalbereich liegt. Bereits Ende 2005 traf das schon auf33 Prozent zu. Ein wichtiger Erfolg bei den Patientinnen mit Brustkrebs ist, dass zwei Drittel vonihnen brusterhaltend operiert werden konnten. DasZiel von 50 Prozent wurde damit deutlich überschritten.7
8ersatzkassen in niedersachsenBÜCHERMit der Festschrift Gesundheitsökonomie und Gesundheitspolitik würdigt Herausgeber Prof. Dr. h.c. HerbertRebscher den Gesundheitsökonomen Prof. Dr. GünterNeubauer. Das Werk enthält mehr als 50 Beiträge (Economica, Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm, 867 Seiten,89 Euro).Welche Kriterien sind bei der Wahl eines Krankenhauses entscheidend? Dieser Frage geht Dr. Axel Focke inseinem Buch Regionale Leistungs- und Krankenhausplanung nach (Dissertation Universität Duisburg-Essen,Campus Essen, 273 Seiten, 49,90 Euro). Focke ermutigt die Krankenhäuser, eigene Überlegungen zur Ausrichtung der Geschäftsfelder und Standortplanung anzustellen und liefert ihnen dafür einen Planungstool.Mit dem Lehrbuch Gesundheitsökonomie stellen dieHerausgeber Karl W. Lauterbach u.a. Grundlagen dieser Wissenschaft und Evaluationsmethoden dar (VerlagHans Huber, 348 Seiten, 34,95 Euro). Das Buch wendet sich an Medizinstudenten, Ärzte und Mitarbeiter desGesundheitswesens.KURZWege aus der Krise der Versorgungsorganisationwollen die Herausgeber Bernhard Badura und OlafIseringhausen in ihrem gleichnamigen Buch aufzeigen(Verlag Hans Huber, 294 Seiten, 39,95 Euro). Im Vordergrund stehen Bedürfnisse chronisch kranker Patienten und ihre Versorgung durch Angebote integrierterVersorgung und durch Disease-Management-Programme.Das Kompendium evidenzbasierte Medizin der Herausgeber Günter Ollenschläger u.a. stellt zentrale klinische Fragen zu den wichtigsten Krankheitsbildern unddokumentiert Ergebnisse zu einzelnen Therapieoptionen(Verlag Hans Huber, XXXVIII 1.189 Seiten, 59,95 Euro).Die Selbstverwaltungspartner und das Institut für dasEntgeltsystem im Krankenhaus haben die Kodierrichtlinien für die Verschlüsselung von Krankheiten und Prozeduren in der stationären Versorgung angepasst.Deutsche Kodierrichtlinien (Version 2006) ist im Deutschen Ärzte-Verlag erschienen (181 Seiten, 7,45 Euro).GEMELDETMit rund 460.000 Euro fördern die Ersatzkassen in Niedersachsen in diesem Jahr insgesamt 56 ambulanteHospizdienste im Land. Der Betrag stieg damit um 110.000 Euro gegenüber 2005. Ambulante Hospizdiensteunterstützen schwerstkranke Menschen, die die letzte Zeit ihres Lebens in gewohnter häuslicher Umgebungverbringen möchten.Erneut vor Gericht gescheitert ist eine niedersächsische Kieferorthopädin mit dem Versuch, trotz fehlenderKassenzulassung eine Behandlungsvergütung durch die Krankenkassen zu erzwingen. Das entsprechendeUrteil des Landessozialgerichts ist die erste zweitinstanzliche Hauptsacheentscheidung in der Auseinandersetzung. Die Kieferorthopädin hat mittlerweile Revision beim Bundessozialgericht eingelegt.GURKEDESQUARTALSVolle Hingabe an den Beruf gibt es nur bei Beamten.Das lehrt uns ein Urteil des Göttinger Verwaltungsgerichts. Der Richter, selbst Beamter, stellte fest, dass dieBeschränkung der Beihilfe auf verschreibungspflichtigeArzneimittel für Staatsdiener in Anlehnung an die seit2004 geltende Regelung für gesetzlich Versicherte nichtrechtens sei. Beamte nämlich seien durch den Dienstherrn zur möglichst immerwährenden Gesundheit angehalten, um diesem mit vollem Tatendrang zur Verfügungzu stehen – da müsse sich der Staat dann eben auch ansämtlichen Kosten beteiligen. Und während also derdurch nicht verschreibungspflichtige Pillen und Salbenhurtig regenerierte Beamte schon wieder über den Aktenbrütet, dreht sich der gesetzlich Versicherte noch einmalim Bett und wartet ebensowie sein Arbeitgeber geduldig darauf, dass sich das Ungemach von selber legt.Ach so, er könnte die Mittelchen natürlich auch privatbezahlen – und würde mit diesem finanziellen Opferdazu beitragen, dass die Wirtschaft ein wenig mehrbrummt. Dann nämlich steigen auch die Steuereinnahmen, und von denen wird ja immerhin auch die Beihilfefür Beamte bezahlt.IMPRESSUMHerausgeber:Landesvertretung Niedersachsen des VdAK/AEVRathenaustraße 1 · 30159 HannoverTelefon: 0511 / 3 03 97-0 · Telefax: 0511 / 3 03 [email protected] · www.vdak-aev.de/LVen/NDS/index.htmVerantwortlich: Jörg Niemann · Redaktion: Hanno Kummer
andere Kassen verteilt, bei denen der gleiche Effekt eintritt. Damit wird mit hohen Transaktionskosten . Bilder sowie den Landesreport des Ver-bandes. Der [email protected] . (Geschäftsführer KIND Hörgeräte), Gern