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Leitfaden zum Wohn- undBetreuungsvertragsgesetz (WBVG)
Liebe Leserin, lieber Leser,wenn Sie Betreuung in Ihren eigenen vierWänden benötigen oder beispielsweise ineine Pflegeeinrichtung ziehen wollen, gibt esgesetzliche Rahmenbedingungen, die Ihnenbei Abschluss eines so genannten Wohn- undBetreuungsvertrages helfen und Sie besonders schützen. Das bundesweit gültige Wohnund Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) enthält Vorschriften über den Abschluss und die Umsetzung einessolchen Vertrages.Um die Möglichkeiten des Gesetzes bestmöglich auszuschöpfen,sollten Sie sich vor Vertragsabschluss über die wesentlichen Inhalte des WBGV informieren. Diese Broschüre gibt einen Überblicküber Regelungen zu Ihren Gunsten, aber auch über Ihre Pflichten.Sie erläutert verständlich Ihre Rechte vor und beim Vertragsschluss,ebenso wie die Regeln während des Vertragsverhältnisses bis hinzum Vertragsende. Anhand von praktischen Beispielen wird dieRechtslage anschaulich erklärt. Auch die Pflichten des Unternehmers, die er im Rahmen der Vertragsdurchführung hat, werden aufden folgenden Seiten benannt.Das WBVG gilt für Vertragskonstellationen, bei denen die Überlassung von Wohnraum mit Pflege- oder Betreuungsleistungen verbunden wird. Erfasst werden damit also nicht nur die herkömmlichenFormen stationärer Pflege und Betreuung, sondern auch neue ambulant betreute Wohnformen. Im Vergleich zum bisherigen Heimgesetz ist der Anwendungsbereich entsprechend deutlich erweitert.Informieren Sie sich und nutzen Sie Ihre Rechte als Verbraucherinnen und Verbraucher und finden Sie die bestmögliche Lösung inIhrem Sinne bzw. im Sinne Ihrer zu betreuenden Angehörigen oderBekannten.Cornelia Prüfer-StorcksSenatorin für Gesundheitund Verbraucherschutz
ImpressumHerausgeber:Freie und Hansestadt HamburgBehörde für Gesundheit und VerbraucherschutzBillstraße 80, 20539 HamburgInternet: www.hamburg.de/bgvBezug:Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz,Broschürenservice,Billstraße 80, 20539 Hamburg,E-Mail: [email protected]: [email protected]: Mundschenk Druck- und Vertriebsgesellschaft mbH & Co. KG1. Auflage, Juni 2013Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit des Senats der Freienund Hansestadt Hamburg herausgegeben. Sie darf weder von Parteien noch vonWahlbewerbern oder Wahlhelfern eines Wahlkampfes zum Zwecke der Wahlwerbung oder in einer Weise verwendet werden, die als Parteinahme der Landesregierung zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden könnte.
InhaltTeil 1 – Allgemeine Information und Hintergrund . 5Warum gibt es das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz? . 5Was genau ist im Wohn- undBetreuungsvertragsgesetz geregelt?. 6Wann gilt das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz? . 7Noch einmal zusammengefasst .10Teil 2 – Ihre Rechte als Verbraucherin und Verbrauchervom Vertragsschluss bis zum Vertragsende. 13Welche Informationen bekommen Sie vorVertragsschluss?. 13Abschluss von Verträgen – was Sie beachten müssen. 15Was muss mindestens im Vertrag stehen?. 16Wann darf eine Sicherheitsleistung verlangt werden?. 17Welche Regelungen gibt es für den Todesfall?.19Wie kann ein Unternehmer Leistungen ausschließen?. 21Wie wird der Vertrag geschlossen?. 23Für wie lange wird der Vertrag geschlossen?. 24Leben in der Einrichtung – das ist wichtig zu wissen. 25Die ersten zwei Wochen nach dem Einzug . 25Wann kann der Unternehmer die Preise erhöhen?. 26Was müssen Sie zahlen, wenn Sie längernicht in der Einrichtung sind?. 27Was geschieht, wenn sich Ihr Betreuungsbedarf ändert?. 28Was können Sie tun, wenn die Leistung nicht stimmt?. 30Vertragsende. 33Wie endet ein befristeter Vertrag?. 33Wann können Sie den Vertrag kündigen? . 33Wann kann der Unternehmer den Vertrag kündigen?. 363
Teil 3 – Beratung und Information. 39Beratungsstellen und Institutionen. 39Organisationen und Institutionen, diebesonders für ältere Menschen wichtig sind . 39Organisationen und Institutionen, die besondersfür behinderte Menschen wichtig sind. 41Organisationen und Institutionen, die sowohlfür ältere als auch für behinderte Menschen wichtig sind. 46Broschürenhinweise. 55Gesetze und Verordnungen im Internet . 584
Teil 1Allgemeine Information und HintergrundWarum gibt es das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz?Noch bis vor nicht allzu langer Zeit galt für Pflegeeinrichtungen wie fürWohneinrichtungen für behinderte Menschen bundesweit das Heimgesetz. Das Heimgesetz bestand aus einem ordnungsrechtlichen und einem vertragsrechtlichen Teil.Im ordnungsrechtlichen Teil war geregelt, welche Anforderungen Einrichtungen erfüllen mussten: Zum Beispiel welches Personal sie einsetzen mussten, wie die Betreuung geleistet werden musste und welchebaulichen Vorschriften einzuhalten waren. Ebenso war durch das Ordnungsrecht bestimmt, wie die Einrichtungen durch die zuständigen Behörden überwacht wurden.Im vertragsrechtlichen Teil des Heimgesetzes war geregelt, wie die Verträge zwischen Einrichtungen und Bewohnerinnen und Bewohnern zugestalten waren.Im Jahr 2006 ist die Zuständigkeit für den ordnungsrechtlichen Teil desHeimrechts vom Bund auf die Länder übergegangen. Die Zuständigkeitfür das Vertragsrecht ist dagegen beim Bund geblieben. Ab diesem Zeitpunkt wurde damit begonnen, das Heimrecht neu zu regeln. Die Länderhaben nach und nach eigene Gesetze für Einrichtungen verabschiedet,die das frühere Heimgesetz ablösen.In Hamburg gilt seit 1. Januar 2010 das Hamburgische Wohn- und Betreuungsqualitätsgesetz (HmbWBG).Auch das Vertragsrecht für Einrichtungen wurde – auf Bundesebene –neu geregelt. Seit 1. Oktober 2009 gilt bundesweit das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (kurz: WBVG).Aber nicht nur wegen der geänderten Zuständigkeiten zwischen Bundund Ländern war es notwendig geworden, das Heimrecht neu zu regeln.Es gab dafür noch einen anderen Grund: Menschen, die auf Pflege oderBetreuung angewiesen sind, sind besonders abhängig von den Einrichtungen und Diensten, die Pflege- und Betreuungsleistungen anbieten.Die Abhängigkeit ist umso größer, wenn Wohnen und Betreuung untrennbar miteinander verbunden sind, so wie es in Wohn- und Pflegeein-5
richtungen der Fall ist. Das Heimgesetz gewährte deshalb Bewohnerinnen und Bewohnern von Einrichtungen einen besonderen Schutz.In den letzten Jahren sind nun eine ganze Reihe unterschiedlicher neuerWohnformen für Menschen mit einem Pflege- oder Betreuungsbedarfentstanden: Zum Beispiel Wohn-Pflege-Gemeinschaften für ältere Menschen und ambulant betreute Wohngemeinschaften für Menschen mitBehinderung. Diese fielen in den meisten Fällen nicht unter das frühereHeimgesetz und so fehlten hierfür nun gesetzliche Regelungen.Mit dem Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz wurde schließlich einGesetz geschaffen, das nicht nur für herkömmliche Wohn- und Pflegeeinrichtungen gilt, sondern auch andere Wohnformen mit Pflege- undBetreuungsleistungen berücksichtigt. Gleichzeitig wurden mit demWohn- und Betreuungsvertragsgesetz auch die Verbraucherrechte älterer, pflegebedürftiger und behinderter Menschen verbessert.Was genau ist im Wohn- und Betreuungsvertragsgesetzgeregelt?Im Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz sind alle Angelegenheiten geregelt, die Verträge zwischen Unternehmern und Verbraucherinnen oderVerbrauchern betreffen. Das Gesetz bestimmt zum Beispiel, worüber die Unternehmer Verbraucherinnen und Verbraucher vorAbschluss eines Vertrags informieren müssen, wie Verträge abzuschließen sind und welche Informationen Verträge enthalten müssen.Das Gesetz schreibt außerdem vor, wann ein Unternehmer von der Verbraucherin oder dem Verbrauchermehr Geld verlangen darf, was geschieht, wenn eine Verbraucherin oder ein Verbraucher imLaufe der Zeit mehr oder auch weniger Betreuung braucht und wann ein Vertrag gekündigt werden kann.Nicht im Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz geregelt ist, welchesPersonal Einrichtungen beschäftigen müssen und welche baulichen Vorschriften gelten. Ebenfalls nicht, wie Einrichtungen durch die zuständigeBehörde überprüft werden. Diese Dinge fallen unter das Ordnungsrechtund sind in den Ländergesetzen geregelt – für Hamburg im Hamburgischen Wohn- und Betreuungsqualitätsgesetz (HmbWBG).6
Wann gilt das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz?Anders als das frühere Heimgesetz ist das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) – wie bereits erwähnt – nicht nur auf klassischeWohn- und Pflegeeinrichtungen anzuwenden. Es gilt darüber hinausauch für einige neuere Wohnformen, wie Wohn-Pflege-Gemeinschaftenund ambulant betreute Wohngemeinschaften.Jedoch gilt das WBVG wiederum nicht für sämtliche Wohnformen, indenen Pflege oder Betreuung geleistet werden. Zu bestimmen, ob einWohnangebot unter das Gesetz fällt oder nicht, ist nicht immer ganzeinfach. Etwas allgemein gesagt: Das WBVG gilt, wenn UnternehmerWohnraum an ältere, pflegebedürftige oder behinderte Menschen vermieten und gleichzeitig Pflege- oder Betreuungsleistungen erbringen.Im Einzelnen kommt es nun aber darauf an, inwieweit Wohnraumvermietung und Pflege- oder Betreuungsleistungen durch Verträge aneinander gebunden sind.In folgenden Fällen ist das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz anzuwenden:Beispiel 1:Frau Müller entschließt sich mit 86 Jahren, ihre Wohnung aufzugeben und in die Pflegeeinrichtung „Haus Linde“ zu ziehen. Vor ihremEinzug schließt Frau Müller mit der Einrichtung einen Vertrag. Darinwird vereinbart, dass ihr im Haus ein Zimmer zur Verfügung gestelltwird und dass sie dort die Pflege und Betreuung erhält, die sie benötigt.§ 1 WBVGHier handelt es sich um einen klassischen Vertrag mit einer Pflegeeinrichtung. Dass Frau Müller Wohnraum überlassen wird und dass siePflege und Betreuung erhält, ist beides im selben Vertrag geregelt. Beides ist untrennbar miteinander verbunden.Merke: Das WBVG gilt, wenn in einem Vertrag die Überlassungvon Wohnraum und gleichzeitig Pflege- und Betreuungsleistungen vereinbart werden.7
Beispiel 2:Frau Schulte ist 77 Jahre. Sie benötigt zurzeit noch keine Pflege. Siemöchte aber vorsorgen für den Fall, dass sie in höherem Alter pflegebedürftig wird. Sie zieht deshalb in ein Appartement des „Seniorenzentrums an der Bille“. Im Vertrag, den Frau Schulte mit dem Seniorenzentrum abschließt, wird vereinbart, dass ihr ein Appartementüberlassen wird. Im selben Vertrag wird auch vereinbart, dass FrauSchulte, in der Einrichtung Pflege und Betreuung erhält, falls sie später einmal pflegebedürftig wird.Auch hier werden Wohnraumvermietung und Pflege- und Betreuungsleistungen in ein und demselben Vertrag geregelt. Im Unterschied zuFrau Müller erhält aber Frau Schulte nach ihrem Einzug in die Einrichtung zunächst noch keine Pflege oder Betreuung. Die Leistungen werden nur vorgehalten. Das heißt: Sie werden bereit gehalten für denFall, dass Frau Schulte später einmal Pflege benötigt.Merke: Das WBVG gilt auch, wenn Pflege- oder Betreuungsleistungen vom Unternehmer nur vorgehalten werden.Beispiel 3:Herr Schmidt, 26, benötigt wegen einer Behinderung bestimmte Hilfen im Alltag. Er lebt seit drei Jahren in einer Wohneinrichtung fürbehinderte Menschen. Dort gefällt es ihm inzwischen jedoch nichtmehr. Und so ist Herr Schmidt nun auf der Suche nach einer neuenWohnmöglichkeit. Nach einiger Zeit wird ihm ein Zimmer in einerambulant betreuten Wohngemeinschaft der „Wohnen und AssistenzgGmbH“ angeboten.§ 1 WBVGDie „Wohnen und Assistenz gGmbH“ ist ein Unternehmen, dasDienstleistungen für behinderte Menschen anbietet. Das Unternehmen vermietet die Zimmer in der ambulant betreuten Wohngemeinschaft und betreut auch die Mieterinnen und Mieter, die dort leben.Wenn Herr Schmidt in die Wohngemeinschaft einziehen möchte,muss er die Betreuungsleistung der „Wohnen und AssistenzgGmbH“ in Anspruch nehmen. Das teilt ihm die Leitung des Unternehmens mit, als er die Wohngemeinschaft zum ersten Mal besuchtund sich das freie Zimmer ansieht. Herr Schmidt entscheidet sichschließlich dafür, in die Wohngemeinschaft einzuziehen. Er schließt8
nun mit der „Wohnen und Assistenz gGmbH“ zwei Verträge: einenMietvertrag für das Zimmer und einen Betreuungsvertrag. Im Betreuungsvertrag wird vereinbart, welche Hilfen Herr Schmidt von der„Wohnen und Assistenz gGmbH“ erhält.Im Unterschied zu den vorherigen Beispielen sind im Fall von HerrnSchmidt Mietvertrag und Betreuungsvertrag voneinander getrennt.Allerdings kann Herr Schmidt den Mietvertrag nur abschließen, wenner auch den Betreuungsvertrag abschließt.Merke: Das WBVG gilt auch, wenn Mietvertrag und Betreuungsvertrag voneinander getrennt sind, aber bei Einzug in dieWohnung der Abschluss eines Betreuungsvertrages miteinem bestimmten Betreuungsdienstleister erwartet wird,man den Betreuungsdienstleister also nicht frei wählenkann.Sind Mietvertrag und Betreuungsvertrag getrennt, gilt ebenfalls dasWBVG, und zwar dann, wenn die Verträge aneinander gebunden sind.Aneinander gebunden sind die Verträge, wenn darin ausdrücklich steht,dass sie nur zusammen abgeschlossen oder nur zusammen gekündigtwerden können. Es reicht aber auch aus, wenn der Unternehmer es inder Praxis so handhabt, dass beide Verträge nur zusammen abgeschlossen werden können, so wie im Beispiel von Herrn Schmidt: Ihm wirdgleich bei seinem ersten Besuch in der Wohngemeinschaft mitgeteilt,dass er den Mietvertrag nur zusammen mit dem Betreuungsvertragabschließen kann.Beispiel 4:Frau Becker ist 79 Jahre und benötigt schon seit einiger Zeit Pflege.In letzter Zeit kommt sie allein in ihrer Wohnung nicht mehr gut zurecht. In eine Pflegeeinrichtung zu ziehen, kann sich Frau Becker jedoch auch nicht so recht vorstellen. Zufällig erfährt sie schließlichvon einer neu gegründeten Wohn-Pflege-Gemeinschaft in ihremStadtteil. Dort ist noch ein Zimmer frei. In der Wohn-Pflege-Gemeinschaft leben zehn ältere, pflegebedürftige Menschen zusammen.Sie werden durch den Pflegedienst „Pflege Vital“ betreut. Vermieterist die Wohnungsgesellschaft „Pro Wohnen GmbH“. „Pflege Vital“ist ein Tochterunternehmen der „Pro Wohnen GmbH“.§ 1 WBVGNach einigen Besuchen in der Wohngemeinschaft, einigen Gesprächen und Überlegungen entschließt sich Frau Becker zum Einzug.9
Sie unterschreibt einen Mietvertrag mit der „Pro Wohnen GmbH“und einen Pflegevertrag mit „Pflege Vital“.Falls Frau Becker sich irgendwann einmal vom Pflegedienst wiedertrennen möchte, wird sie auch ihr Zimmer in der Wohn-Pflegegemeinschaft aufgeben müssen. Denn wenn Frau Becker den Pflegevertrag mit Pflege Vital kündigt, muss sie gleichzeitig auch den Mietvertrag mit der „Pro Wohnen GmbH“ kündigen. So steht es in ihremMietvertrag.Auch in diesem Fall handelt es sich wieder um zwei getrennte Verträge: einen Mietvertrag und einen Pflegevertrag. Außerdem werdenhier nun die Verträge noch mit zwei verschiedenen Unternehmerngeschlossen: der Mietvertrag mit einer Wohnungsgesellschaft, derPflegevertrag mit einem Pflegedienst. Aber der Mietvertrag ist auchhier an den Pflegevertrag gebunden: Kündigt Frau Becker den Pflegevertrag, muss sie auch den Mietvertrag kündigen. Außerdem sindauch die beiden Unternehmen miteinander verbunden: „Pflege Vital“ist ein Tochterunternehmen der „Pro Wohnen GmbH“.Merke: Das WBVG gilt auch, wenn getrennte Verträge mit jeweilsverschiedenen Unternehmern geschlossen werden, soferndie Verträge miteinander verbunden sind und die Unternehmer untereinander verbunden sind.Noch einmal zusammengefasst:Das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz ist auf folgende Verträge anzuwenden:1. Wohnraumvermietung sowie Pflege- und Betreuungsleistungensind in ein und demselben Vertrag geregelt.2. Mietvertrag und Betreuungsvertrag sind voneinander getrennt. Beide Verträge werden mit demselben Unternehmer geschlossen. DieVerträge sind aneinander gebunden. (Es können auch mehr als zweiVerträge abgeschlossen werden, zum Beispiel ein Mietvertrag, einBetreuungsvertrag, ein Pflegevertrag.)3. Mietvertrag und Betreuungsvertrag sind voneinander getrennt. DieVerträge werden mit verschiedenen Unternehmern geschlossen(Mietvertrag mit Unternehmer A, Betreuungsvertrag mit Unternehmer B). Die Verträge sind aneinander gebunden. Die Unternehmer A10
und B sind rechtlich oder wirtschaftlich miteinander verbunden. (Eskönnen auch mehr als zwei Verträge mit mehr als zwei Unternehmern abgeschlossen werden, zum Beispiel der Mietvertrag mit Unternehmer A, der Betreuungsvertrag mit Unternehmer B und derPflegevertrag mit Unternehmer C.)§ 1 WBVGDas Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz ist auf folgende Verträgenicht anzuwenden:Mietvertrag und Betreuungsvertrag sind voneinander getrennt. Die Verträge werden mit verschiedenen Unternehmern geschlossen (Mietvertrag mit Unternehmer A, Betreuungsvertrag mit Unternehmer B). DieVerträge sind nicht aneinander gebunden und es wird bei Abschluss desMietvertrages mit Unternehmer A auch nicht erwartet, dass ein Betreuungsvertrag mit einem bestimmten Unternehmer geschlossen wird,d.h., man kann den Betreuungsdienstleister frei wählen. In diesen Fällen macht es nichts, wenn Unternehmer A und B rechtlich oder wirtschaftlich miteinander verbunden sind, solange die freie Wählbarkeitdes Betreuungsdienstleisters garantiert ist.Zusätzlich ist zu beachten: Das Gesetz gilt ausschließlich für volljährige Verbraucherinnen undVerbraucher. Pflege- und Betreuungsleistungen können auch vorgehalten werden– also bereitgehalten werden für den Fall, dass ein Pflege- oder Betreuungsbedarf eintritt. Bei den Pflege- und Betreuungsleistungen muss es sich um Hilfenfür ältere, pflegebedürftige oder behinderte Menschen handeln, dieim Alltag benötigt werden.Wohn- und Betreuungsangebote, bei denen diese Voraussetzungennicht erfüllt sind, fallen nicht unter das WBVG.Im folgenden Fall ist das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz beispielsweise nicht anzuwenden:Beispiel:Herr und Frau Fritsch, beide 76, leben im eigenen Haus mit Garten.Weil es für beide immer beschwerlicher wird, Haus und Garten zuversorgen, beschließen sie, in eine altersgerechte Wohnung umzu-§ 1 WBVG11
ziehen. Zugleich wollen sie Vorsorge treffen für den Fall, dass siespäter einmal Hilfe brauchen.§ 1 WBVGSie beziehen eine Zwei-Zimmer-Wohnung in der „Seniorenwohnanlage am Birkenhof“. Im Mietvertrag, den Herr und Frau Fritsch abschließen, werden zusätzlich einige Unterstützungsleistungen vereinbart: In der Wohnung befindet sich eine Notrufanlage und dasEhepaar kann für kleinere handwerkliche Verrichtungen den Diensteines Hausmeisters in Anspruch nehmen. Sollten Herr oder FrauFritsch später irgendwann auch Pflege benötigen, wird eine Mitarbeiterin der Wohnanlage sie beraten und ihnen auf Wunsch einenPflegedienst ihrer Wahl vermitteln.Das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz ist nicht anzuwenden, wennWohnraum vermietet wird und daneben nur allgemeine Unterstützungsleistungen erbracht werden. Dazu gehören zum Beispiel Notrufdienste, hauswirtschaftliche Dienstleistungen und die Vermittlung vonPflege- oder Betreuungsdiensten. Solche Leistungen werden beim sogenannten Servicewohnen angeboten, früher meist betreutes Wohnengenannt. Für das Servicewohnen also gilt das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz nicht.12
Teil 2Ihre Rechte als Verbraucherin undVerbraucher vom Vertragsschluss biszum VertragsendeWelche Informationen bekommen Sie vorVertragsschluss?Wenn Sie darüber nachdenken, in eine Wohneinrichtung, Pflegeeinrichtung oder eine betreute Wohngemeinschaft zu ziehen, werden Sie sichin der Regel verschiedene Wohn- und Betreuungsangebote ansehen.Wenn schließlich eine Einrichtung in die engere Wahl kommt, muss Ihnen der Unternehmer eine Reihe schriftlicher Informationen über seinAngebot geben. Dies sind die so genannten vorvertraglichen Informationen. Anhand dieser Informationen können Sie noch einmal sorgfältigprüfen, ob die Einrichtung tatsächlich die richtige für Sie ist: BekommenSie dort die Hilfen, die Sie benötigen? Ist das Zimmer oder die Wohnung nach Ihren Vorstellungen? Usw.Die vorvertraglichen Informationen haben aber noch eine andere wichtige Bedeutung: Wenn Sie später tatsächlich einen Vertrag mit der Einrichtung schließen, werden diese zur Vertragsgrundlage. Das heißt: derUnternehmer muss sich an das, was in den Vorabinformationen steht,halten, ebenso wie an den Vertrag selbst. Und Sie können sich außerauf den Vertrag auch auf diese Informationen berufen.§ 3 WBVGWenn Ihnen der Unternehmer vor Vertragsschluss keine schriftlichen Informationen gibt oder die Informationen nicht vollständig sind, könnenSie den Vertrag jederzeit ohne eine Frist kündigen. Nicht immer ist jedochtatsächlich genug Zeit für die vorvertraglichen Informationen. Manchmalmuss die Aufnahme in eine Einrichtung schnell geschehen, zum Beispielnach einem Krankenhausaufenthalt. In so einem Fall kann der Unternehmer die vorvertraglichen Informationen nach dem Einzug nachholen.Die Informationen müssen in leicht verständlicher Sprache geschriebensein.Worüber muss der Unternehmer Sie informieren? Lage der Einrichtung, zum Beispiel: In welchem Stadtteil liegt die Einrichtung? Ist sie zentral gelegen oder außerhalb?13
Ist die Einrichtung mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen? Ausstattung der Einrichtung, zum Beispiel: Wie viele Etagen hat das Gebäude? Wie viele Zimmer oder Wohnungen gibt es? Welche Gemeinschaftsräume gibt es? Welche Bedingungen gelten für die Nutzung des Gästezimmers? Gibt es einen Garten und kann er von den Bewohnerinnen undBewohnern genutzt werden? Ergebnisse von Prüfungen der Pflegekassen und der WohnPflege-AufsichtNeben dieser eher allgemeinen Beschreibung der Einrichtung muss derUnternehmer Ihnen auch die Leistungen aufzählen, die speziell für Siein Frage kommen. Hierzu gehören folgende Informationen: Wohnraum, zum Beispiel: Wird Ihnen ein Zimmer oder eine Wohnung überlassen? Wie groß ist das Zimmer oder die Wohnung? In welcher Etage liegt das Zimmer oder die Wohnung?§ 3 WBVG Haben Sie ein eigenes Bad oder eine Küche zur Verfügung? Pflege und Betreuung, zum Beispiel: welche Hilfen erhalten Sie? Zum Beispiel- Hilfe beim Aufstehen, beim Zu-Bett-Gehen,- Begleitung bei Arztbesuchen oder zu Veranstaltungen,- Wäscheversorgung Verpflegung, zum Beispiel: Wie viele Malzeiten werden angeboten? Wird das Essen in der Einrichtung zubereitet oder von einer auswärtigen Firma geliefert? Konzept der Einrichtung und Ausschluss von Leistungen, zumBeispiel Für welchen Personenkreis bietet die Einrichtung Leistungen an?(Zum Beispiel für ältere Menschen oder Menschen mit Behinderung.) Welche Personen können in der Einrichtung nicht betreut werden?14
Kosten für die einzelnen Leistungen und Gesamtkosten Kosten für Wohnraum Kosten für Pflege und Betreuung Kosten für Verpflegung Investitionskosten Gesamtkosten Voraussetzungen für Änderungen von Leistungen oder der KostenSie bekommen in den Vorabinformationen auch bereits den Hinweis,welche Art von Pflege und Betreuung die Einrichtung grundsätzlich nichtleistet. Dieser Hinweis ist besonders wichtig. Ein Unternehmer kannnämlich unter bestimmten Voraussetzungen spezielle Pflege- und Betreuungsleistungen ausschließen. Beispielsweise schließen einige Pflegeeinrichtungen die Betreuung von Menschen im Wachkoma aus oderauch von Menschen, die von einem Beatmungsgerät abhängig sind.Näheres hierzu finden Sie im Kapitel „Wie kann ein Unternehmer Leistungen ausschließen?“ ab Seite 21.In ambulant betreuten Wohnformen kann es auch weitreichendere Ausschlüsse geben. So wird in einigen Wohnangeboten eventuell keine Betreuung rund um die Uhr geleistet. Sie erkennen also anhand dieserInformationen zunächst, ob die Einrichtung überhaupt für Sie geeignetist und Ihrem Betreuungsbedarf tatsächlich entspricht. Sie erfahren hieraber auch bereits, unter welchen Umständen Sie nicht in der Einrichtung bleiben könnten, falls sich Ihr Betreuungsbedarf irgendwann einmal verändern sollte.§ 3 WBVGAbschluss von Verträgen – was Sie beachtenmüssenWenn Sie sich ausreichend informiert haben und sich schließlich füreine Einrichtung entschieden haben, wird Ihnen der Unternehmer einenWohn- und Betreuungsvertrag vorlegen. Anders als die vorvertraglichenInformationen muss der Vertrag selbst nicht in leicht verständlicherSprache geschrieben sein. Weil sich Unternehmer rechtlich absichernwollen, ist der Vertragstext häufig an den Gesetzeswortlaut angelehnt.Der Vertrag ist daher in der Regel nicht leicht zu verstehen und umfasstzudem meist viele Seiten. Wenn Sie Fragen zu Ihrem Vertrag haben,können Sie sich an eine der im Abschnitt „Information und Beratung“ abSeite 39 genannten Stellen wenden.15
Was muss mindestens im Vertrag stehen?Im Vertrag müssen noch einmal die einzelnen Leistungen beschriebenwerden, die Sie erhalten: Wohnraum, Pflege- und Betreuung sowie Verpflegung. Und es müssen die Kosten für die einzelnen Leistungen unddie Gesamtkosten angegeben werden. Diese Kosten werden Entgeltegenannt.§ 6 WBVGSie finden also im Vertrag selbst vieles wieder, was Sie bereits aus denvorvertraglichen Informationen kennen. Auch auf diese Informationen,die Sie vorab bekommen haben, muss im Vertrag noch einmal extra hingewiesen werden. Aber Achtung: Der Vertrag kann in einzelnen Punktenvon den vorvertraglichen Informationen abweichen. Deshalb ist es wichtig, auch den Vertrag sorgfältig zu lesen. Wenn es solche Abweichungengibt, muss im Vertrag besonders deutlich und gut erkennbar darauf aufmerksam gemacht werden. Es kann also vorkommen, dass Ihnen in denvorvertraglichen Informationen etwas versprochen wird, was im Vertragnicht eingehalten werden kann. Sie können dann noch einmal überlegen,ob Sie den Vertrag dennoch unterschreiben wollen oder nicht, je nachdem wie wichtig Ihnen die Angelegenheit ist.Beispiel 1:Frau Wenzel möchte in die Pflegeeinrichtung „Haus Linde“ einziehen. Sie hat sich bereits ausführlich über das Angebot der Einrichtung informiert. Nach einem Besuch im „Haus Linde“ wurden FrauWenzel von der Leitung die vorvertraglichen Informationen ausgehändigt. Dort hatte sie gelesen, dass das Mittagessen in den einzelnen Wohnbereichen von den Bewohnerinnen und Bewohnern mitHilfe der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Einrichtung selbst inder Wohnküche zubereitet wird. Das hatte Frau Wenzel besondersangesprochen. Sie hat schon immer sehr gerne gekocht und warfroh darüber, dass sie auch in der Einrichtung weiter die Möglichkeitdazu haben würde. Einige Zeit später besucht Frau Wenzel noch einmal die Einrichtung, um noch einige Dinge zu besprechen, und bekommt nun schon einmal den Vertrag mit nach Hause. Als sie denVertrag durchliest, ist Frau Wenzel enttäuscht. Dort heißt es nämlich:„Anders als in den vorvertraglichen Informationen beschrieben werden die Mittagsmalzeiten nicht in den Wohnbereichen zubereitet,sondern von einer auswärtigen Firma geliefert.“Wenn Frau Wenzel nun den Vertrag, in dem auf die Änderungen ausdrücklich hingewiesen wird, unterschreibt, kann sie sich nicht auf16
das gemeinsame Kochen berufen, das in den vorvertraglichen Informationen versprochen wurde. Sie kann also nicht verlangen, dassdas Mittagessen in den Wohnbereichen zubereitet wird. Denn esgilt, was im Vertrag steht.Frau Wenzel überlegt eine Zeitlang: Vor allem das gemeinsame Kochen war ein Grund, warum sie sich besonders für das „Haus Linde“interessiert hatte. Sie entscheidet: Sie wird den Vertrag nicht unterschreiben, sondern wird sich noch einmal nach einer anderen Einrichtung umsehen.Beispiel 2:Herr Rabe steht kurz vor dem Einzug in das „Seniorenzentrum ander Bille“. Als er den Wohn- und Betreuungsvertrag liest, muss auchHerr Rabe feststellen, dass dort ausdrücklich auf einen Unterschiedzu den vorvertraglichen Informationen hingewiesen wird. In den Vorabinformationen hatte gestanden, dass Herrn Rabe ein Zimmer mitBalkon überlassen werden sollte. Das Zimmer, das nun im Vertraggenannt ist, hat dagegen ausdrücklich keinen Balkon. Ansonsten istdie Ausstattung aber gleich. Herr Rabe bedauert das ein wenig. Weiler aber den Garten der Einrichtung nutzen kann, ist ihm der Balkonwiederum nicht ganz so wichtig. Er ist auch sonst mit dem Angebotdes Seniorenzentrums sehr zufrieden. Herr Rabe unterschreibt deshalb trotz der Änderung den Wohn- und Betreuungsvertrag und ziehtzwei Wochen später ins „Seniorenzentrum an der Bille“ ein.§ 6 WBVGMit Unterschrift des Vertrages, in dem auf die Änderungen ausdrücklich hingewiesen wird, hat Herr Rabe den fehlenden Balkon nun akzeptiert; er kann sich nun nicht mehr auf den Balkon berufen, der inden vorvertraglichen Informationen versprochen wurde.Wann darf eine Sicherheitsleistung verlangt werden?In bestimmten Fällen kann im Vertrag vereinbart werden, dass die Verbraucherin oder der Verbraucher eine Geldsumme als Sicherheit für denUnternehmer hinterlegen muss, ähnlich einer Mietkaution.§ 14 WBVGBeispiel:Herr Neumann zieht zum 1. April 2013 in eine Wohn-Pflege-Gemeinschaft. Er schließt einen Mietvertrag mit der Wohnungsgesellschaft„Wohnen im Alter GmbH“ und einen Pflegevertrag mit dem Pflege-17
dienst „Pflege “ ab. Herr Neumann erhält Leistungen der Pflegeversicherung für den ambulanten Pflegedienst (häusliche Pflege).Die Miete für das Zimmer, in das Herr Neumann ei
Mietvertrag für das Zimmer und einen Betreuungsvertrag. Im Be-treuungsvertrag wird vereinbart, welche Hilfen Herr Schmidt von der „Wohnen und Assistenz gGmbH“ erhält. Im Unterschied zu den vorherigen Beispielen sind im Fall von Herrn Schmidt Mietvertrag und Betreuungsvertrag voneinander getrennt.