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führen und wirtschaften im Krankenhaus8 16August 2016 33. JahrgangH 5162 ISSN 0175–4548Offizielles Organ des BundesverbandesDeutscher Privatkliniken e.V., Berlin, unddes Bundesverbandes der Beschaffungsinstitutionenin der Gesundheitswirtschaft Deutschland e.V., Köln,und Medienpartner der Entscheiderfabrik, GrevenbroichCorporate E-LearningWie Kliniken vondigitaler Weiterbildung egen Keimef&w 8 20161

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EditorialKlug, schön und bewegendStefan Deges, ChefredakteurLesen bildet, bewegt, und bisweilen macht es auch beweglich. Zum Beispiel,wenn man bei der Lektüre eines Buchs aus dem Kopfschütteln nicht mehrherauskommt. Ein solches sportlich-literarisches Erweckungserlebnis beschertemir gerade das „CIO-Handbuch – Strategien für die digitale Transformation“,herausgegeben von IT-Manager Michael Lang. Mehr als eine Woche, nachdemich das Buch zur Seite gelegt habe, rätsle ich noch immer, was eigentlich losist im Land der Denker, Dichter und Digitalisierer. Die 432 Seiten lesen sich wieein Hilfeschrei. Offenbar sehen sich die ITler in deutschen Unternehmengenötigt, jeder noch so fragwürdigen Neuerung hinterherzurennen. Weil dasnicht gelingen kann, klingt das Zwischenfazit des Buchs auch reichlichresignierend: „Die digitale Transformation wirkt auf die IT-Projektlandschaftwie ein Katalysator und führt zu einer weiteren Zunahme der Anzahl zubewältigender Projekte, die zudem immer schneller, flexibler und effizienterihre Ziele erreichen müssen.“Zu jedem einzelnen Wort dieses Satzes ließen sich Romane schreiben. MitBlick auf die Krankenhäuser möchte ich aber nur einen Begriff gegen das Lichthalten: „Ziele“. Welche eigentlich? Wer gibt sie vor? Warum? Woran wirdgemessen, ob sie erreicht werden? Und nebenbei: Was bringen sie den Patienten,beziehungsweise wem bringen sie überhaupt etwas? Die Digitalisierung drohtzum neuen Trauma für das Krankenhausmanagement zu werden. Es mangeltmeist nicht an Sachverstand, sondern an einer klaren Zielsetzung. Während derCIO bereits überwacht, ob seine IT-Projekte richtig laufen, ist für das Unternehmennoch ungeklärt, welche Projekte überhaupt die richtigen sind. StrategischeAusrichtung? Medizinkonzept? Stellung im Netzwerk? Kernkompetenzen? Alldas müsste unmissverständlich definiert sein, damit der IT-Leiter den digitalenRahmen setzen kann. Damit müsste eine IT-Strategie nicht mehr diePfadabhängigkeiten der existierenden IT-Infrastruktur fortschreiben, sondernsie könnte fällige Antworten auf die Appisierung der Patienten liefern.In den USA hat diese Bewegung bereits Fahrt aufgenommen. f&w-RedakteurPeter Carqueville war gerade mit der Entscheiderfabrik an der Westküste, umVersorgung durch die Brillen von Big Business und Big Data zu betrachten. DieEindrücke werden sich in f&w über viele Monate niederschlagen. Ein erstesMini-Feature, das Carqueville noch während des Rückflugs kurz vor Drucklegungdieser Ausgabe angefertigt hat, finden Sie auf Seite 713. Ab September dannberichten wir im Ressort Technologie ausführlich über die digitale Transformationim Krankenhaus. Das 16. Nationale DRG-Forum (23./24. März 2017) hat damitebenfalls schon heute seine Bestimmung erfahren: Es steht unter dem Motto:„Die digitale Revolution – vom Patienten gemacht“. Neben Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe haben wir auch EU-DigitalisierungskommissarGünther Oettinger nach Berlin geladen, um gemeinsam mit Start-ups undInvestoren die Potenziale der Digitalisierung neu auszuloten.Diese Revolution hat die Bildungslandschaft bereits erreicht. AkademieKonzepte stehen zur Disposition, kollaboratives Lernen erfährt dank digitalerVernetzung höhere Weihen. Didaktisch sind Online-Weiterbildungen inzwischenweit ausgereift. Das Management wird freuen: E-Learning ist ein Sparfaktor,weil mit weniger Aufwand (Reisen, Honorare, Räumlichkeiten, Administration)mehr Wissen in die Köpfe der Mitarbeiter gelangt. f&w hat sich in die neustenBildungsangebote eingelesen und stellt die Trends vor (Seite 716).Beim Querlesen bewegte uns kürzlich übrigens ein ganz besonderesSchmankerl: Die Thieme-Zeitschrift kma, nach eigenem Bekunden „vor allembei ärztlichen Leitern, Pflegedirektoren und Chefärzten als besonders wichtigesInformationsmedium angesehen“, hat Leser mit der Suggestivfrage behelligt,welcher Titel wohl der wichtigste der Gesundheitswirtschaft sei. Die Antwortliegt in diesem Moment vor Ihnen! Kein Scherz. Selbst für kma-Leser ist f&w dasLeitmedium der Branche. Ich bezweifle zwar, dass diese Botschaft klug macht.Schön klingt sie aber in jedem Fall.f&w 8 2016705

Inhalt8 16Titel: Corporate E-LearningStreitet Euch!Auf dem VormarschBuchführungZum ThemaVon Stefan DegesVon Mandy RadickeReha-Stellenwert erhöhen747717Vom Late Mover zum WertetreiberDigitale StrategienVon Werner PovodenRaus aus dem Schatten719Plug & PlayFinanzen722TechnologieWer wartet, lebt gefährlichDie Knackpunkte kennenKupfer statt PlastikVon Dietmar Kühlmann753Ein System vor dem AusDen Groschen dreimal umgedrehtHausbesuch727Wie rechtssicher sind E-LearningSchulungen?Von Stefan DegesRegressverfahren gegenKrankenhäuserVon Prof. Hans Böhme,Thorsten isteE-Learning732PersonalVon Kristina SchwarzVon Bernd Christoph MeisheitGesundheitspolitische ScharmützelVon PD Dr. Rainer MarkgrafBerliner Kommentar737760Sommercamp in Düsseldorf790Markt792BVBGMitteilungen des Bundesverbandesder Beschaffungsinstitutionen in derGesundheitswirtschaft eimittelpreise738Räson qua Dekret764Ungeplante LandungDiese Ausgabe enthält folgende Beilagen:Europäischer Gesundheitskongress München;W. Kohlhammer GmbH, StuttgartEinstellungsgesprächmit Johann-Magnus von StackelbergErdrückende Last768BDPKNews des BundesverbandesDeutscher Privatkliniken770G-BA-MonitorVon Georg Stamelos740Von Ellio SchneiderVorstandsvorlage743Lean Six Sigmaf&w 8 2016des BundesverbandesDeutscher Privatkliniken e.V.,BerlinSchweizer StandardVon Dr. Hans Peter GmünderSelbst ist das Haus706775Qualitäts- und LeistungskriterienSwiss RehaStrategieVon Dr. Johannes Hütteist offizielles OrganLeitlinienRenaissance des UntauglichenVon Dr. Axel PaegerRehabilitationVerlässlich, nachhaltig, innovativ?Management776des Bundesverbandes derBeschaffungsinstitutionenin der GesundheitswirtschaftDeutschland e.V., Kölnund Medienpartner744786794RubrikenKlasse statt MasseVon Prof. Dr. Günter Neubauer785Antimikrobielle KupferbauteileAttraktivität der PflegeberufePolitikVon Dr. Torsten Hoppe-Tichy759RechtPflichtunterweisungenVon Andreas Mihm756Langfristige AufbauhilfePraxisbeispielVon Volker PapeVon Dr. Nikolai von SchroedersTrendscout10 Jahre Entscheiderfabrikf&w-Serie: Abrechnungsprüfung724783Von Dr. Thomas Jendges,Dr. Christian Heitmann, Janine Eulert,Godfried Hangx748Fort- und Weiterbildung in der PflegeVon Alexander Kraus,Joachim von der Heide,Prof. Dr. Jürgen vergabe der BankenMannigfaltige Möglichkeiten780Struktur geht vor ZinsE-Learning-ThesaurusVon Peter CarquevilleVon Gabriele Schnabelder Entscheiderfabrik,Grevenbroich705708779796

748Struktur geht vor ZinsFür Großprojekte benötigen Krankenhäuser eine auf sie zugeschnitteneInvestitionsstrategie. Die SLK-Kliniken Heilbronn beschreiben dieAusgangsüberlegungen für die bestmögliche Finanzierungslösungfür den Neubau zweier Kliniken. 756Ein System vor dem AusDas MDK-Prüfverfahren ist zu einem ökonomischenWettbewerbsinstrument verkommen, das einen Aufwanderzeugt, der in keinem Verhältnis zum Volumen derumverteilten Mittel mehr liegt. 764Klasse statt MasseWarum der Pflegemangel in Deutschland ein qualitativesund kein quantitatives Problem ist.f&w online: www.BibliomedManager.def&w 8 2016707

TitelIn dieser AusgabeMandy RadickeRedaktion f&wAuf dem VormarschWerner PovodenArbeitskreis für InformationRheinland-Pfalz/EifelZum ThemaSeite 717Vom Late Moverzum WertetreiberDigitale StrategienSeite 719Peter CarquevilleRedakteur f&wPlug & PlayProf. Dr. Jürgen Osterbrink et al.Paracelsus Medizinische Privatuniversität(PMU) in SalzburgE-Learning-ThesaurusSeite 722Mannigfaltige MöglichkeitenVolker PapeGesundheit Nordhessen Holding AGProf. Hans Böhme et al.Georg-Streiter-Institut fürPflegewissenschaftDen Groschen dreimal umgedrehtPraxisbeispielSeite 727Fort- und Weiterbildung in der PflegeSeite 724Wie rechtssicher te 730Krankenhaus-ChecklisteE-LearningSeite 732Corporate E-LearningWarum Kliniken vondigitaler Weiterbildung profitieren716f&w 8 2016

TitelZum ThemaAuf dem VormarschMotivierte und kompetente Mitarbeiter entscheiden über die Perspektiven eines Krankenhauses. Dabeiist die moderne betriebliche Weiterbildung in Form von E-Learning sowohl für Fachkräftegewinnung undPersonalentwicklung als auch für die Behandlungsqualität von enormer Bedeutung.Von Mandy RadickeWenn es um die betriebliche Fortbildung von Mitarbeitern geht, werden Personalverant wortliche im Krankenhaus am Thema E Learning künftig nicht vorbeikommen. AktuelleUntersuchungen bestätigen, dass rund zwei Drittel der Unternehmen digitale Lernpro gramme oder Online gestützte Angebote für die Weiterbildung einsetzen. Das ist das Er gebnis einer repräsentativen Befragung unter 504 Unternehmen ab zehn Mitarbeitern imAuftrag des Digitalverbands Bitkom.Damit bestätigt sich ein Trend, den bereits zwei Jahre zuvor eine Umfrage von TNSInfratest und der Studiengemeinschaft Darmstadt SGD zutage gefördert hatte: Laut „Wei terbildungstrends in Deutschland 2014“, zu denen rund 300 Personalverantwortliche ausdeutschsprachigen Unternehmen beigetragen hatten, erachteten 93 Prozent der Befragtenbetriebliche Weiterbildungen für eine zuverlässige Bindung der Mitarbeiter als wichtig bisäußerst wichtig. Dem Ergebnis zufolge steigern Weiterbildungen nicht nur die Attraktivi tät des Arbeitgebers, sondern sie stärken auch dessen Image (88 Prozent) und dienen zurRekrutierung neuer Mitarbeiter (83 Prozent, Abbildung 1). Dabei sind die hiermit einher gehenden Aufstiegschancen für Bewerber genauso ausschlaggebend wie für gegenwärtigeMitarbeiter, da durch Fortbildungsangebote des Arbeitgebers Fachkräfte nicht nur gewon nen, sondern auch effektiv im Unternehmen gehalten werden können.Der Markt für Fortbildung und die damit verbundene Bereitstellung von Lernangebotenunterliegen einem stetigen Wachstum. Aufgrund der vehementen Entwicklung digitaler undelektronischer Medien hat sich insbesondere die Form des E Learning in den vergangenenJahren rasant entwickelt und vor allem in großen Unternehmen als moderne Form derWissensvermittlung etabliert. Wie die Roland Berger Strategy Consultants GmbH im Rah men ihrer 2014 veröffentlichten Studie „Unternehmen lernen online. Corporate Learningim Umbruch“ herausfand, haben Unternehmen im Jahr 2011 weltweit 210 Milliarden US Bedeutung von Weiterbildung in der PersonalentwicklungDas Weiterbildungsangeboteines Unternehmens ist für .Recruitingneuer MitarbeiterStärkung desArbeitgeberimagesBindung vonMitarbeiternWichtig bis äußerst wichtig:83 %88 %93 %Äußerst wichtig:15 %18 %27 %Sehr wichtig:33 %36 %39 %Wichtig:35 %35 %Weniger wichtig:Überhaupt nicht wichtig:12 %3%8%3%28 %4%2%Quelle: TNS Infratest/Studiengemeinschaft Darmstadt, Studie „Weiterbildungstrends in Deutschland 2014“, Januar 2014Alle Befragten n 301, Werte für „keine Angaben“ nicht dargestellt, Rundungsdifferenzen möglichAbb. 1f&w 8 2016717

TitelBedeutung verschiedener Lernformen in UnternehmenBlended LearningVirtuelle Klassenräume/WebinareMobile Anwendungen/AppsWeb Based Trainings (WBTs)Social Networks/CommunitiesAdaptive LearningSimulationenWikisAugmented RealitySerious GamesTwitter/Micro-BloggingLernumgebungen in virtuellen 3-D-WeltenAlle Antworten „zentrale Bedeutung als Lernform“020406080100Frage: Was schätzen Sie werden die folgenden Anwendungen in den kommenden drei Jahren eine zentrale Bedeutung oder eine geringe Bedeutung alsLernform für das betriebliche Lernen in Unternehmen haben? n 60 68, Angaben in Prozent, Quelle: MMB-Institut 2015Abb. 2Dollar für Corporate Learning investiert. Davon wurden rund 20 Prozent im BereichE Learning angelegt. Expertenschätzungen zufolge solle der Markt für Corporate E Lear ning mit einer jährlichen Durchschnittsrate von 13 Prozent wachsen und sich bis spätes tens 2018 verdoppeln.Doch mit welcher Lernform lassen sich die größten geschäftlichen Erfolge verzeich nen, und welche Zielgruppen stehen im Fokus der E Learning Anbieter? Letzteres hängtvor allem von der Unternehmensgröße ab. Nahezu alle Großunternehmen bieten Weiter bildungen an, da diese über größere Personalkapazitäten und zumeist auch Spezialabtei lungen für Weiterbildungen verfügen. Dies bestätigt die jüngst veröffentlichte „eLearningBenchmarking Studie 2016“, in der 774 Studienteilnehmer aus Unternehmen und Organi sationen im deutschsprachigen Raum zu den Lernwelten ihrer Häuser befragt wurden. An hand von 41 Fragen gaben E Learning Professionals und WeiterbildungsverantwortlicheAuskunft zum gegenwärtigen und künftigen Einsatz digitaler Lernformen. Die Ergebnissezeigen, dass knapp 70 Prozent der Befragten in Großunternehmen mit mehr als 1.000 Mit arbeitern beschäftigt sind.Ähnliche Resultate liefert die mittlerweile zehnte Trendstudie „mmb Learning Delphi 2015“des MMB Instituts für Medien und Kompetenzforschung, in der insgesamt 68 E Learning Experten im Rahmen einer Online Befragung unter anderem Erfolg versprechende Ziel gruppen für die E Learning Wirtschaft nach dem Schulnoten Prinzip bewerteten. Groß unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten schnitten hierbei mit der Bestnote 1,3 ab.Dieser Trend erscheint angesichts des erheblichen organisatorischen Aufwands, mit demsich vor allem Großunternehmer konfrontiert sehen, wenn es um die betriebliche Weiter bildung einer Vielzahl von Mitarbeitern geht, nur wenig überraschend. Die Vorteile desE Learning liegen hierbei vor allem in der größtmöglichen Flexibilität, die dem Nutzer so wohl in zeitlicher als auch räumlicher Hinsicht geboten wird. Im Gegensatz zu klassischenPräsenzschulungen sind die Anwender hierbei nicht an fixe Termine gebunden und kön nen individuell entscheiden, wann und wo sie sich an der Schulung beteiligen. Zudem istdie Teilnehmeranzahl bei elektronischen Lehrangeboten unerheblich, und es entfallen An und Abreisekosten sowie Aufwendungen für Organisation und Realisierung.Trotz der aufgezeigten Vorzüge werden E Learning Anwendungen die klassischen Lehr angebote nicht komplett vom Markt verdrängen können. Denn diese Form der Weiterbil dung setzt ein hohes Maß an Selbstdisziplin und eine gewisse Sicherheit im Umgang mitcomputergestützter Technik bei jedem Anwender voraus. Letzteres könnte gerade bei älte ren Arbeitnehmern für Verunsicherung und Ablehnung sorgen. Deshalb dürfen E Lear ning Anwendungen oft eher als sinnvolle Ergänzung zu herkömmlichen Wegen der Wis sensvermittlung verstanden werden. Dementsprechend ist auch das sogenannte BlendedLearning, bei dem Präsenzveranstaltungen mit onlinegestützten Phasen kombiniert wer den, die aktuell am häufigsten verbreitete Lernform (Abbildung 2). Diesem Instrumentwurde mit 97 Prozent von fast allen Teilnehmern des „mmb Learning Delphi 2015“ einehohe Relevanz für die nächsten drei Jahre attestiert – eine Erfolg versprechende Aussicht.718f&w 8 2016

TitelDigitale StrategienVom Late Moverzum WertetreiberTrotz mancher Besonderheit wird sich die Gesundheitswirtschaft im Corporate Learning nicht vonden Megatrends abkoppeln können. Unser Autor, der mit einem Krankenhausprojekt den diesjährigenE-Learning-Award gewonnen hat, beschreibt, warum digitalen Lernangeboten auch im Krankenhaus dieZukunft gehört und warum „Bildung to go“ nur der Anfang einer Rundumerneuerung der medizinischenVersorgung ist.Die Fokussierung auf den Term E Lear ning ist zwischenzeitlich aufgrund derAnforderungen und der Art und Weise,wie in Unternehmen, vor allem in Un ternehmen des Gesundheitswesens, ge lernt wird, kritisch zu sehen. In der Rea lität erfolgen die Lernprozesse währendder Arbeit innerhalb aktueller Prozess abläufe. Diese Lernprozesse werden un ter dem Begriff „Workplace Learning“zusammengefasst und beinhalten syn chrone kollaborative und kooperativeLernprozesse.Bei der Entstehung von Problemenwährend eines aktuellen Arbeitspro zesses ist es deshalb wichtig, dass diedurch elektronische Medien initiiertenKommunikationsprozesse einfach zubedienen und ohne großes technischesHintergrundwissen zu realisieren sind.Nur so ist die Akzeptanz unter den Mit arbeitern und somit die Performancefür virtuell kollaborative Workplace Learning Szenarien zu gewährleisten.f&w 8 2016719Foto: FotoliaVon Werner Povoden

TitelTransformationund DisruptionProf. Dr. Christiane Woopen,bis Ende April Vorsitzende desDeutschen Ethikrats, hat denUnterschied zwischen denBegriffen Disruption undTransformation transparentbeschrieben. Sie setzt in ihrerErklärung bei den Arbeitsprozessen an, die sich durchdie Einführung undImplementierung digitalerTechnologien verändern. DiePhasen der Veränderungbezeichnet sie als Übergängeund sagt, wenn dieseÜbergänge so umfassendsind, dass sich nicht nur einneuer Zustand, sondern aucheine neue Form entwickelt,kann man im engeren Sinnevon einer Transformation,also einer Umgestaltung vonbestehenden Prozessabläufen,sprechen.Werden jedoch ganzeLebens- und Gesellschaftsbereiche, so Frau ProfessorWoopen weiter, sotief greifend verändert, dasssich auch ihre jeweiligenFunktionsprinzipien ändern,dann kann man dies imGegensatz zur Transformationals Disruption bezeichnen.In diesem Sinne ist die Umstellung der Fort- und Weiterbildung in den Kliniken vontraditionellen Formen aufelektronische Medien eindisruptiver Vorgang, der dasSelbstverständnis und dasVerhalten der Mitarbeiter inseiner innersten Strukturbetrifft. Mit der Einführungder DRG im Jahre 2003 liegtein transparentes Beispielvor, dass nicht nur dieTechnologien, sondern auchtheoretische Konstrukte einendisruptiven Charakteraufweisen, die Prozesse imSinne der Transformationverändern.720f&w 8 2016Mit einem qualitativ hochwertigenQualifizierungsangebot, das auf solcheSzenarien mit elektronischen Medienaufgebaut ist und nicht nur für das Per sonal einer Klinik zur Verfügung steht,baut sich eine Klinik eine eigene Wert schöpfungskette auf. Damit wird eineKlinik für potenzielle und engagierteMitarbeiter interessant und wirkt demTrend des Wetteiferns um ausländischesmedizinisches Personal entgegen.Aufgrund der Tatsache, dass Assis tenzärzte und auch qualifizierte Fach ärzte sowie Pflegekräfte ihre Weiterbil dungs beziehungsweise Arbeitsstättebevorzugt in Ballungszentren suchen,ist es ein weiteres Argument für dieEtablierung hochwertiger Qualifizie rungsangebote mit elektronischen Me dien. Denn der zuvor skizzierte Trendhat zur Folge, dass Kliniken in Flächen regionen weniger wahrgenommen wer den und sich somit die Besetzung vonärztlichen Stellen schwierig gestaltet.Organisiert eine Klinik ihr Wissens undLernmanagement vorausschauend undversetzt ihre Mitarbeiter dadurch in dieLage, Probleme von heute zu lösen, ge neriert sie Chancen und zugleich Wett bewerbsvorteile im Kampf um qualifi zierte Fachkräfte. Denn mit solchenAngeboten, in Verbindung mit einerentsprechenden Unternehmenskultur,macht sich die Klinik als Arbeitsstättenicht nur im ländlichen Raum attraktiv.Vor diesem Hintergrund gewinnt dieFragestellung, wie sich disruptive Tech nologien auf die ärztliche und pflegeri sche Fort und Weiterbildung auswirkenund wer die Profiteure dieser Entwick lung sind, immer mehr an Bedeutung.Der letzte Teil der Frage lässt sich leichtbeantworten. Eine präferierte Stellungkommt dabei den Kliniken zu, die sichden Herausforderungen der digitalenTransformation stellen und die disrupti ven Technologien nicht als wucherndesKrebsgeschwür betrachten. Der erste Teilder Frage dagegen ist nicht so einfach zubeantworten. Hier spielen die verschiede nen Strukturreformen des Gesundheits wesens und weitere Einflussfaktoren wiedisruptive Technologien (Textkasten) undProzesse eine wichtige Rolle.Beim Prozess der digitalen Transfor mation, also der Umsetzung und Ein führung von Fort und Weiterbildungs szenarien mit elektronischen Medien,sind Kliniken eher „Late Mover“. Denndie digitale Transformation ist keinschleichender Wandel, sondern erfor dert ein radikales Umdenken in Bezugauf die Fort und Weiterbildung. Digi tale Transformation ist somit eine tiefgreifende Veränderung, die gleichzeitigverschiedene Bereiche wie Technolo gie, ICT Infrastruktur, Dienstleistun gen, Customer Experience und Ablauf prozesse erfasst, um nur einige Bereichezu nennen, in denen Fort und Weiterbil dung zusätzlich zu der ärztlichen Wei terbildung ansetzt und ansetzen muss.Während Wirtschaft und Industrie –und insbesondere global agierende Un ternehmen – das Lernen mit elektroni schen Medien längst adaptiert haben,tun sich Kliniken mit der Akzeptanzdieser Entwicklung noch schwer. An ders als stetig fortschreitende Innova tionen fordern disruptive Innovationendie schöpferische Zerstörung von be stehenden und bewährten Strukturen.Diese Forderung wird auch von dernachrückenden Generation von Ärztenund Pflegekräften vertreten. Sie gehenmit Lernen und Bildung ganz andersum als die Generation, die schon seitJahren im Berufsleben steht. So gese hen, hat die Zukunft des Lernens, dieihren Ausdruck findet in den BegriffenE Learning, Blended Learning, Bildung4.0, Wirtschaft 4.0, eHealth, mHealth,digitaler Patient, Telemedizin oder di gitale Transformation, schon längst be gonnen.Watson, ein Superrechner von IBM,analysiert drei Millionen Seiten Fach literatur in drei Sekunden. Dazu benö tigt selbst ein Team von Ärzten mehre re Jahre. Diese Herausforderung alleinstellt an den Arzt die essenzielle Frage,was seine Kernkompetenzen in zehnoder 20 Jahren sein mögen. Denkt mandiese Frage unter dem Aspekt weiter,dass es heute schon möglich ist, dieErgebnisse von Watson und somit dieLeistungsfähigkeit dieses Supercom puters an ein Smartphone oder an einTablet anzubinden, dann dauert es wohlkeine fünf Jahre mehr, bis die Nutzermobiler Geräte darüber medizinischeDiagnosen abrufen können. Dies ist nur

Titelein Beispiel, das die Qualifizierung desärztlichen und pflegerischen Personalstangieren wird. Ein weiteres findet sichim zweiten Gesundheitsmarkt. Dieserist überwiegend privatwirtschaftlich or ganisiert und somit flexibler und agilerals die starren, gewachsenen Strukturender Kliniken.Mobile HealthProdukte, die im zweiten Gesundheits markt zur Verfügung gestellt werden,vereinen schon heute Qualifizierung,Weiterbildung und arbeitsplatzbezoge nes Arbeiten in einer globalen Dimen sion, und zwar in zweierlei Hinsicht.Zum einen sind sie durch ihre Konzep tion weltweit verfügbar, und zum an deren adressieren sie durch ihre spe ziellen Eigenschaften den Bereich derpersonalisierten Medizin. Wie am Bei spiel Watson aufgezeigt, werden in die sem Markt die mobilen Endgeräte alsSchlüsseltechnologie angesehen.Die Durchdringung mit mobilen End geräten in den Industrieländern ist all gegenwärtig und gewinnt rapide anAkzeptanz in den sich schnell entwi ckelnden Regionen wie dem asiatisch pazifischen Raum, Lateinamerika undAfrika. Die zunehmende Präsenz vonSmartphones mit Technologien wie 3G ,4G und 5G Netzwerken wird den Ein satz der mobilen Endgeräte in den meis ten Sektoren, insbesondere in den Ge sundheitssystemen, vorantreiben.So gesehen, führt der technologischeFortschritt letztendlich zu einem Über gang von der Krankenhausversorgungzur persönlichen medizinischen Be ratung, Pflege und Diagnostik. Dazukommt, dass das Aufkommen einer neu en Gerätegeneration von Medizinpro dukten es den Gesundheitsdienstleisternleichter macht, hochwertige medizini sche Leistungen zu niedrigeren Kostenanzubieten. Mobile medizinische Ge räte liefern, unabhängig vom jeweiligenStandort, adäquate und systematischeAufzeichnungen von biomedizinischenSignalen wie Beatmungsparameter, Glu koseanalysen, EKG Aufzeichnungenund Blutdruckmessungen.Tragbarkeit, Automatisierung, leich te Bedienbarkeit und Personalisierungsind von daher die attraktiven Faktoren,mit denen die Akteure im zweiten Ge sundheitsmarkt gegenüber den Klinikeneinen strategischen Vorteil erlangen.Von daher ist nicht nur der mobile Zu gang, sondern auch das Bereitstellen vonvirtuell kollaborativen Fort und Weiter bildungsressourcen weltweit überauswahrscheinlich. Die in diesem Marktvorherrschenden Innovationen lassensich in fünf Segmente aufteilen. Diesesind:n Globaler Markt nach Gerätekate gorien: Blutglukose Messgeräte, Blut druck Messgeräte, Pulsoximeter, neu rologisches Monitoring/Überwachungs systeme, Herzüberwachungssysteme,Apnoe und Schlafüberwachungssys teme, tragbare Fitness Sensoren undHerzfrequenz Messgeräte, andere .n Globaler Markt nach Dienstleis tungen: Wellness, Prävention, Bera tung, Diagnostik, Überwachungssyste me und Lösungen zur Stärkung derGesundheitssysteme sowie Einholungvon Zweitmeinungen, .n Globaler Markt nach Interessen gruppen: Mobilfunkbetreiber, Gerä tehersteller, Gesundheitsdienstleister,Software Produzenten/ Vertreiber, Ver sicherungswirtschaft, Politik, Behör den, .n Globaler Markt nach therapeuti schen Segmenten: kardiovaskulär, Dia betes, Atemwege, Neurologie, virtuell kollaborative Röntgendiagnostik, n Globaler Markt nach geografi schen Gesichtspunkten: Nordameri ka, Europa, asiatisch pazifischer Raumund Rest der Welt.Bei inhaltlicher Betrachtung der auf geführten Segmente bedeutet dies fürdie Fort und Weiterbildung, dass sichKliniken in Bezug auf die Einführungvon E Learning beziehungsweise vonMaßnahmen zur Qualifizierung mitelektronischen Medien beweglich, expe rimentierfreudig und problemorientiertaufstellen.Dies bedeutet weiter, dass die Klini ken und Gesundheitszentren die bevor stehenden und unvermeidbaren disrup tiven Veränderungen aufgreifen müssen,um im Wettbewerb mit den privatwirt schaftlich organisierten Unternehmendes zweiten Gesundheitsmarkts beste hen zu können. Das Festhalten an tra ditionellen Strukturen und Abläufenmacht sie sonst nur zum Kandidatender Strukturreform.Die Frage, die sich abschließend stellt,lautet nicht, ob die skizzierten disruptivenTechnologien in den ersten Gesundheits markt eindringen, sondern, wie tief siedas tun und wie umfangreich sie fossili sierte Prozessabläufe infrage stellen.Der Autor hat mit dem Projekt „Virtuell kollaborativeOnline Sprachensuite“ zur Vermittlung von Sprach kompetenz für ausländische Ärztinnen und Ärzte dendiesjährigen E Learning Award in der Kategorie „Kol laboratives Lernen“ gewonnen. Die fachliche Betreu ung in diesem Projekt erfolgt durch ein Ärzteteam derFachrichtungen Orthopädie und Unfallchirurgie unterder Leitung von Dr. Sabine Povoden, Chefärztin derKlinik für Orthopädie und Unfallchirurgie des Klini kums Gifhorn.Werner PovodenFach- und WirtschaftsinformatorMBA eLearning & WissensmanagementArbeitskreis für Information Rheinland-Pfalz/EifelAdolf-Meier-Straße 6832758 DetmoldE-Mail: [email protected] neue GesundheitsWirtschaft:Licht ausVom gesellschaftlichen Kraftakt,ein Krankenhaus vom Netz zu nehmenAbonnieren Sie w 8 2016721

E-Learning-ThesaurusPlug & PlayE-Learning ist den Kinderschuhen entwachsen und erobert nun rasant den Markt der Fortbildung.Doch was ist mit dem Begriff E-Learning eigentlich gemeint, und welches Angebot passt zurbetrieblichen Personalentwicklung? f&w bringt System in die Willkür der Begriffe.E Learning hat sich als wichtiges Schlag wort in den deutschen Führungsetagenetabliert, um die betriebliche Fortbildungzu verbessern. Hinter dem Begriff stehteine Vielzahl an Methoden, die sich perDefinition auf digitale Medien als Lern material stützen, was die konkrete Aus gestaltung aber offenlässt. Daraus erge ben sich dem Markt des E LearningHunderte Unterbegriffe, aufgrund der ra santen technischen Entwicklung kom men jedes Jahr neue hinzu. Einer der Vor reiter auf diesem Gebiet hierzulande, derMediendidakt Prof. Michael Kerres vonder Universität Duisburg, definierteE Learning bereits 2001 als Lernformen,„bei denen elektronische oder digitaleMedien für die Präsentation und Distri bution von Lernmaterialien und/oder Un terstützung zwischenmenschlicher Kom munikation zum Einsatz kommen“.So kann aus Expertensicht also schoneine PowerPoint Präsentation im letztenMeeting oder eine E Mail an einen Mitar beiter per Definition E Learning darstel len. Hinter der ersten massenhaften Ver breitung des Begriffs E Learning in den1990er Jahren, der mit Bewegungen wie„Schulen ans Netz“ Verbreitung fand,steckte die unausgesprochene Vermutung,der Computer als Lehrmethode könne al lein aufgrund seiner Neuartigkeit bessereErgebnisse liefern. Die deutsche Erzie hungswissenschaft hält hierzu fest, dassBilder und Texte auch in digitaler Formzunächst nicht anderes sind als ein ge drucktes Vorlesungsskript und auchkeine besseren Ergebnisse liefern. Dashat sich auch heute noch nicht bis inalle Ecken der Republik herumgespro chen. Immer noch werben Verlage mitdem modern klingenden Schlag wort E Learning; bei ge nauerem Hinsehen indesentpuppt sich der Inhaltals Zweitverwertung vonTexten, die bereits inZeitschriften und Bü chern veröffentlicht wor den sind. Solche Konzeptehaben weder den Nutzer nochdas Lernziel im Blick. Ihr Vorteilkönnte allenfalls darin liegen, dassdie Preise aufgrund d

Fort- und Weiterbildung in der Pflege Von Alexander Kraus, Joachim von der Heide, . Raus aus dem Schatten Reha-Stellenwert erhöhen Von Gabriele Schnabel 780 Reha-Szene 783 . Mannigfaltige Möglichkeiten Fort- und Weiterbildung in der Pflege