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Digitale LernkulturApps -, Vorteile und Nachteile digitaler Bildungim SprachunterrichtMit Beispielen aus dem DaF-Unterrichtan einer isländischen weiterführenden SchuleRitgerð til M.A. – prófs í þýskukennsluBarbara MeyerLeiðbeinandi:Prof.Dr. Oddný G. SverrisdóttirMaí 2020

DanksagungDiese Abschlussarbeit ist eine 30 ECTS Punkte Master-Thesis im StudiengangDeutsch auf Lehramt an der Fakultät der Humanwissenschaften der UniversitätIsland.An dieser Stelle gebührt mein Dank meiner betreuenden Professorin, Frau Prof. Dr.Sverrisdóttir, für ihre hilfreichen Anregungen und die konstruktive Kritik bei derErstellung dieser Arbeit sowie für ihre hilfreiche Unterstützung und Motivation überdie Dauer meines gesamten Studiums an der Universität Island.Mein besonderer Dank gilt auch Frau Vanessa Isenmann, Adjunkt an der deutschenAbteilung, für wertvolle Vorschläge.Bei meiner Freundin Silke Dommermuth bedanke ich mich für ihre Geduldbei der Durchsicht dieser Arbeit, ihre kritischen Anmerkungen sowie sachkundigeHinweise.Hella, 13. Mai 20202

ÁgripEftirfarandi ritgerð er lögð fram til MA-prófs í þýskukennslu við HugvísindasviðHáskóla Íslands. Í ritgerðinni er fjallað um kennsluaðferðir í tungumálum og þróunþeirra. Vísað er til nútíma stafrænnar þróunar og notkun smáforrita (Apps) ítungumálakennslu. Smáforrit og helsti munur þeirra er til umfjöllunar enaðaláherslan í þessari ritgerð er lögð á notkun smáforrita í menntun. Fjallað er umnotkun smáforrita í kennslu auk kennslufræðilegrar hugsunar sem geta fylgtstafrænni kennslu og notkun smáforrita.Vísað er til smáforrita sem notuð voru vorið 2019 við þýskukennslu í íslenskumframhaldsskóla í Reykjavík á meðan höfundur ritgerðarinnar stundaði þar nám íkennslu á vettvangi og greind eru jákvæðu og neikvæðu áhrifin sem geta fylgtstafrænni kennslu og notkun smáforrita. Tilgangur ritgerðarinnar er að gera greinfyrir jákvæðum og neikvæðum áhrifum í sambandi við stafræna kennslu og notkunsmáforrita í tungumálakennslu.„Hvaða kostir og gallar liggja á bak við stafræna kennslu og notkun smáforrita ítungumálakennslu?” er rannsóknaspurningin sem varð fyrir valinu vegna þess aðstafræn kennsla hefur verið mjög umdeild en sökum ástands sem skapaðist í kjölfariCOVID19 faraldursins og loka þurfti framhaldsskólum tímabundið var einungisstafræn kennsla í boði. Með umfjöllunarefni ritgerðarinnar leggur höfundur sitt aðmörkum til þess að gera kennslu í þýsku sem erlendu tungumáli á Íslandifjölbreyttara og skilvirkara.3

Inhaltsverzeichnis1. Einleitung . 52. Die digitale Revolution . 72.1 Digitale Kompetenz .92.2 Die digitale Lehr- und Lernkultur .102.3 Didaktische Überlegungen zum Gebrauch von digitalem Material im DaF-Unterricht .132.4 Digitalisierung an isländischen weiterführenden Schulen .153. Applikationen und deren Einsatz im Unterricht. 163.1 Bildungs-Apps .183.2 Einsatz von Apps im isländischen DaF-Unterricht.274. Vor- und Nachteile digitaler Lernkultur und der Einsatz von Apps im Sprachunterricht . 324.1 Vorteile digitaler Unterrichtsgestaltung und der Einsatz von Apps im Sprachunterricht .324.2 Nachteile digitaler Unterrichtsgestaltung und der Einsatz von Apps im Sprachunterricht.365. Diskussion . 426. Zusammenfassung . 467. Fazit . 488. Quellenverzeichnis . 509. Anhang . 574

1. EinleitungDer Griff zum Handy ist morgens nach dem Öffnen der Augen oft die erste Bewegung.Nicht um zu telefonieren, sondern um den im Handy installierten Wecker auszustellen.Schnell werden dann die neuesten Beiträge auf Facebook angeschaut und für gutbefunden oder via WhatsApp eine Nachricht verschickt. Das Smartphone ist unseralltäglicher Begleiter, zu Hause, unterwegs sowie in der Schule. Die Digitalisierung hatin der Geschichte der Menschheit die Gesellschaft so schnell und gleichzeitigfundamental verändert wie kein anderer Trend. Eine Vielzahl an digitalen Medien undProgrammen lassen räumliche und zeitliche Distanzen zur Nebensache werden. Inunserer digitalisierten Gesellschaft ist der Gebrauch von Smartphones1 undComputern an der Tagesordnung. Mobile Endgeräte scheinen in vielen Lebenslagennützliche Helfer zu sein. Die Digitaltechnik ist allgegenwärtig. Ob Online-Banking,Pizzaservice, Bus- und Bahninformationen und Fahrkartenverkauf, man kann heutefast alles über das Internet erledigen. Applikationen (Apps) gibt es für alles Mögliche,so auch im Bereich Bildung. Das Angebot an Bildungs-Apps für den Sprachunterrichtist groß. Sprachen können digital gelernt werden und je nach Bedarf kann Grammatik,Hören, Lesen, Schreiben oder Sprechen geübt werden.Schule und Lehrer müssen dem Wandel der Zeit folgen. In den neuen LehrLern-Konzepten wird versucht, sich die steigende Nutzung von Smartphones zu Nutzezu machen und dieses Gerät in die Lehre zu integrieren (vgl. Kauffeld & Othmer (2019):210).Verschiedene Unterrichtmethoden und Möglichkeiten zum Erlernen einer neuenSprache, besonders auch mithilfe der neuen Medien, ermöglichen es den Lernern 2 inschneller und intensiver Zusammenarbeit zum Ziel zu gelangen. Auf Island wirdDeutsch an einigen Grund- und an allen Oberschulen als Wahlfach angeboten. DieUnterrichtsmethoden haben sich im Laufe der Zeit verändert. Es gibt zahlreiche penprojektenundComputerräumen, die einen sinnvollen und effektiven Unterricht ermöglichen. Derheutige Schulunterricht ist ohne Nutzung digitaler Medien schwer vorstellbar. Lehrerund Schüler nutzen digitale Kommunikations- Lehr- und Lernmethoden tagtäglich.1Der Begriff Smartphone wird hier als Hyperonym für sämtliche Produkte, die in Form eines Mobiltelefonsoder Mini-Computers wie ipad oder Tablet, die Funktionalität und Konnektivität eines Computers übernehmen.2 Zur besseren Lesbarkeit wird in dieser Arbeit das generische Maskulinum verwendet.5

Stundenpläne, Hausaufgaben, Lehrmaterialien, Noten, Bekanntmachungen undEmailadressen sind für Lehrer und Schüler auf den eigens erstellten Schulseitennutzbar und für einen jeden Teilnehmer, ob Lehrer oder Schüler, im täglichenGebrauch zur Pflicht geworden. Derjenige, der sich dieser Informationstechnik unddamit der digitalen Gesellschaft verweigert, wird den Schulanforderungen nicht folgenkönnen. Dies gilt insbesondere in Zeiten der aktuellen Corona-Pandemie in der dieSchulen von Präsenz- auf digitalen Unterricht umstellen mussten. Ob dieDigitalisierung auch in den Schulen Einzug halten solle, war bisher gesellschaftlichumstritten. Aktuell ist Unterricht in weiten Teilen jedoch nur mithilfe digitaler Medienmöglich.Laut Tagesschau durften zeitweise während der Corona-Pandemie an die 300Millionen Schüler weltweit nicht mehr in die Schulen gehen und mussten zu Hausebleiben (vgl. ARD (05.032020)). Schulen weltweit haben gar keine Wahl welcheUnterrichtsformen sie anbieten möchten. Es geht mit einigen Ausnahmen, momentannur digital. Lehrer und Schüler der Schulen, die wegen der Pandemie geschlossensind, kommunizieren via Internet miteinander. Die Tagesschau berichtete am25.03.2020 darüber, dass Schulen in der Corona-Pandemie an digitale Grenzenstoßen. Digitaler Fernunterricht funktioniere nicht überall gleich gut (vgl. ARD(25.03.2020)).Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, zu analysieren, welche positiven- und negativenAspekte in Bezug auf die digitale Lernkultur und die Nutzung von Apps imSprachunterricht auftreten und diese zu beurteilen. Digitales Lernen wird unteranderem als modern, fortschrittlich und motivierend angesehen. Doch digitale Schulehat nicht nur positive Seiten. Aus diesem Grund habe ich mich für dieForschungsfrage: „Welche Vor- und Nachteile haben die digitale Lernkultur und derEinsatz von Apps im Sprachunterricht?“ entschieden. Gewählt habe ich dieseForschungsfrage aufgrund der aktuellen Situation im Schulwesen, in der innerhalbweniger Wochen von Präsenzunterricht auf digitalen Unterricht umgestellt wurde. DieErforschung der Vor- und Nachteile digitaler Lernkultur und dem Einsatz von Apps imSprachunterricht soll helfen, den zukünftigen Sprachunterricht für isländische Schülerund Lehrer leichter und konstruktiver zu gestalten.Aus diesem Grund ist es wichtig, die Vor- und Nachteile digitaler Lernmethodenabzuwägen. Bei all der rasanten digitalen Entwicklung fehlt es an aktuellen Studiendazu, welche Applikationen für den Sprachunterricht wirklich von Nutzen sind.6

In dieser Arbeit wird auf eine Studie von Statista (2020) hingewiesen, in der der Anteilder Apps im App Store nach Kategorien in den USA im April 2020 erforscht wurde.Diese Statistik zeigt die beliebtesten Kategorien im App Store USA gemessen amAnteil aller verfügbaren Apps im April 2020. Bildungs-Apps belegen in dieser Studieden dritten Rang mit 8,69 % (vgl. Statista 20.04.2020)). Eine ältere Statista Studie(2013) sagt aus, dass 54 % der Befragten Teilnehmer mithilfe von Bildungs-AppsFremdsprachen lernen (vgl. Statista (18.02.2013)). (Rabe (07.08.2019) weist auf eineweitere Statista Studie (Statista 2019) hin, die zeigt, wie viele Apps allgemein in denStores der unterschiedlichen Anbieter zu finden sind. Es fehlt also nicht an Studien,zur Quantität von Apps, aber es mangelt an Studien, die etwas über die Qualität derApps aussagen. Das würde Lehrern und Schülern helfen die richtige Wahl derBildungs-App zu treffen.Zu Beginn dieser Arbeit werden Hintergrundinformationen zum Einzug der Computeran Schulen eingegangen, genauer gesagt auf Island. Im Anschluss wird digitaleKompetenz erläutert, ohne die eine produktive digitale Lernkultur nicht möglich ist. DerBegriff Apps wird erklärt und anschließend die Nutzung von Apps im Deutsch alsFremdsprache (DaF)-Unterricht, mit Beispielen aus dem Deutschunterricht an einerisländischen weiterführenden Schule beleuchtet. Didaktische Überlegungen, die Vorund Nachteile zur digitalen Unterrichtsgestaltung sowie Verantwortung undDatenschutz werden thematisiert sowie auf Ideen und Anregungen für dasSprachenlernen außerhalb des Unterrichtes, basierend auf Vorschlägen ,hingewiesen.DieZusammenfassung mit anschließender Diskussion und ein Fazit runden diese Arbeitab.2. Die digitale RevolutionBereits in den 1950er-Jahren begann die Entwicklung und Nutzung kybernetischerLehrmaschinen, mit dem Ziel der Rationalisierung der Lehr- und Lernprozesse undwurde in den 1060er-Jahren zu einem theoretisch intensiv diskutierten Thema mit denersten Versuchen in der Praxis (vgl. Arnold, Kilian, Thillosen u. Zimmer (2018): 42).Zu Beginn der 80er Jahre gab es vermehrt Forderungen nach mehr undgezielterer Ausbildung für den Computer in den Schulen (vgl. Tully (1994): 127).7

In Island wurden die ersten Schulen um 1986 für den Computerunterrichtausgestattet. Laut der isländischen Tageszeitung Morgunblaðið (05.03.1987) wurdeeine Computer-Vernetzung im März 1987 an der Lækjarskóli in Hafnarfjörður installiert.Diese Vernetzung diente damals nur der Verbindung der Computer innerhalb derSchule. Dieses Netzwerk hieß ECONET und ist nicht mit dem heutigen Internet zuvergleichen. Die Schule Lækjarskóli in Hafnarfjörður war damals die zwanzigsteSchule in Island, die für den Computerunterricht ausgestattet wurde (vgl. Morgunblaðið(05.03.1987)).3In einem weiteren Artikel der Tageszeitung wird intensiver auf dieComputerisierung in Island eingegangen. Im Jahr 1986 passierte nicht viel, doch einJahr später erwarb die Universität von Island zwei UNIX-Computer. Ein weiteres Jahrspäter wurde eine Schule in Kópasker mit dem Computer der Universität Islandverbunden. Das isländische Bildungsnetzwerk IMBA wurde offiziell am 17. Februar1990 in Betrieb genommen. 1991 waren mehr als 50 Bildungseinrichtungen mit IMBAverbunden und weitere folgten. Im besagten Artikel wird darauf hingewiesen, dass dieComputerkommunikation die berufliche Isolation von Lehrern gebrochen habe undLehrer mithilfe des isländischen Bildungsnetzwerkes besser miteinander verbundenwaren. Nun bestand die Möglichkeit ständig und kontinuierlich zu kommunizieren undsich nicht nur an einzelnen, über das Jahr verteilte, Konferenzen auszutauschen (vgl.Morgunblaðið (30.10.1994)).4Mit dem IBM-PC entstand die Welt der Schreibtisch-Rechner, wie wir sie heutekennen. Rechner, die einem einzelnen Benutzer zugeordnet sind, universellverwendbar und für jedermann bequem bedienbar. Gleichzeitig begann mit erdigitalenMobilkommunikation. Seit den 2000er-Jahren sind beide Technologien im Smartphonevereint (vgl. Pousttchi (2017): 38, 39).Die digitale Revolution bringt für das Unterrichten und die Ausbildung von Lehrkräftengrundlegende Herausforderungen mit sich. Sie eröffnet neue Möglichkeiten desLehrens und Lernens, verlangt aber auch erweiterte Kompetenzen auf diesem Gebiet.Der Einbezug digitaler Medien im Unterricht kann eine stärkere Flexibilisierung undIndividualisierung von Lehrangeboten ermöglichen. Allerdings treten auch neueFragen in Bezug auf Datenschutz und Informationsmanagement auf. Um der heutigen34Morgunblaðið (1987): Aus dem Isländischen übersetzt von der Verfasserin.Morgunblaðið (1994): Aus dem Isländischen übersetzt von der Verfasserin.8

digitalen Lernkultur mit dem Einsatz von Apps im Unterricht folgen zu können, ob alsLehrer oder Schüler, bedarf es digitaler Kompetenz, welche im folgenden Abschnittthematisiert wird.2.1 Digitale KompetenzDigitale Kompetenz besteht im sicheren und kritischen Umgang mit den n,KommunikationunddieProblemlösungsstrategien in allen Lebensreichen genutzt werden (vgl. Erasmus(17.01. 2020)).Im Jahre 2015 wurde ein PISA-Bericht über die digitalen Kompetenzen vonSchülern und die Lernumgebungen, die diese Kompetenzen fördern sollten,veröffentlicht. Das Resultat war, dass der Einsatz von Technologie in denKlassenzimmern noch nicht sehr verbreitet war. Zum Zeitpunkt der PISA-Erhebung2012 verfügten nur rund 37 % der Schulen in Europa über eine moderne Ausstattungwie einen schnellen Internetanschluss, wobei die Bandbreite von 5 % der Schulen inPolen bis zu fast allen Schulen in Norwegen reichte. Auf Anfrage gaben jedoch 80-90% der Schulleitungen an, dass ihre Schulen angemessen mit Computern undInternetzugang ausgestattet seien. Dies betraf auch Schulleitungen in den vielenLändern, in denen die Ausstattung eindeutig nicht den Standards entsprach. Mit derPISA-Studie 2015 wurde die digitale Kompetenz der Schüler sowie die Häufigkeit undIntensität der Computernutzung in der Schule gemessen.Schüler, die in der Schule gelegentlich Computer benutzen, haben tendenzielletwas bessere Lernergebnisse als Schüler die nur selten Computer benutzen. Schüler,die sehr häufig in der Schule Computer benutzen, schneiden allerdings bei denmeisten Lernergebnissen viel schlechter ab (vgl. Schleicher (2019): 313). Das Lernenmit neuen Medien sowie selbstgesteuertes Lernen mithilfe des Internets (onlinelernen) sind zentrale Aspekte in der neuen Lehr- und Lernkultur.Laut Brandhofer (2019) fanden digitale Technologien in Island schon früh eine hoheVerbreitung innerhalb der Bevölkerung. Bereits in den 1980er Jahren wurde auf dieFörderung einer flächendeckenden informatischen Bildung in allen Pflichtschulengesetzt. Die Förderung digitaler Kompetenzen gehörte in den darauffolgenden Jahrenzum Alltag in isländischen Kindergärten und Schulen (vgl. Brandhofer, Baumgartner,Ebner, Köberer, Trültzsch-Wijnen u. Wiesner (2019): 12, 13).9

Somit kann von einer hohen allgemeinen digitalen Kompetenz isländischer Schülerausgegangen werden.Auch der Sprachunterricht kann sich dem digitalen Fortschritt nicht verschließen.Daher werden Lehrer aufgefordert, die Medienerfahrungen der Schüler aufzugreifenund anzubieten, denn auch die Nutzung der elektrischen Geräte ist mit Lese- undSchreibkompetenz verbunden und die Bedienung der digitalen Medien kann nicht inTrockenübungen mit Printmedien erfolgen, sondern muss mit digitalen Medien geübtwerden. Sie soll keine Abkehr vom Medium Buch darstellen, sondern eine Ergänzung(vgl. Schrenker (2016): 55).Ein Lehrer, der versucht seine Schüler davon zu überzeugen, Apps zu nutzen,muss sicherstellen, dass die Schüler nicht nur motiviert sind, sondern auch dieFähigkeiten besitzen, diese zu nutzen (vgl. Kauffeld & Othmer (2019): 211).Nölte (2017) weist darauf hin, dass es ein großer Fehler sei, die heutigeSchülerschaft pauschal als digitale Eingeborene zu verstehen. Allein durch dasAufwachsen in der Umgebung von Smartphones und Computern seien Jugendlichenicht automatisch digital kompetent. Es bestehe ein großer Unterschied zwischen demintuitiven Bedienen von Apps oder der Kommunikation über WhatsApp und demverantwortungsvollen Verhalten im Internet hinsichtlich Recherche, Kommunikation,und dem Umgang mit der eigenen digitalen Identität oder Kollaboration. Der Schuleund anderen Bildungsinstitutionen komme die große Aufgabe zu, diese Kluft zuschließen (vgl. Nölte (2017)).Die Aufgabe der Lehrer ist es, den Lernprozess der Lerner mit den zurVerfügung gestellten und anderen abrufbaren digitalen Medien zu unterstützen. Dafürmüssen sie die Besonderheiten des virtuellen Lernens kennen, was erfordert, dass dieLehrer mit der Lernplattform und deren Funktionen gut vertraut sein müssen (vgl.Arnold et al (2018): 109).Um digitalen Unterricht zu gestalten, muss ein Lehrer über digitale Kompetenzverfügen sowie sich didaktische Überlegungen zum Gebrauch von digitalem Materialim DaF-Unterricht machen.2.2 Die digitale Lehr- und LernkulturUnsere Gesellschaft befindet sich in einem tiefgreifenden Transformationsprozess, derunsere Art zu kommunizieren, zu lernen, zu wirtschaften und zu arbeiten verändert.10

Bereits vor der Corona-Pandemie wurde allgemein davon ausgegangen, dass dieLehrer sich dem Wandel der Zeit anpassen und sich dementsprechend fortbilden. Ineinem Artikel von Brendon Hyndman (13.08.2018) über die Problematik in Bezug aufdie Nutzung von digitalen Hilfsmitteln im Unterricht werden einige Gründe genannt,warum Lehrer daran zweifeln, digitale Hilfsmittel im Unterricht einzusetzen. LautHyndman (13.08.2018) verlieren die Lehrer das Interesse, wenn sie glauben, dass dieHilfsmittel nicht zur Förderung des Unterrichtes beitragen. Unterschiedliche Endgeräteder Schüler können dazu führen, dass die Schüler mit aktuelleren und schnellerenGeräten anderen gegenüber im Vorteil sind. Die Schüler verlieren schnell dieKonzentration und nutzen ihre Geräte für Spiele oder Kommunikationen, nicht aber fürden Unterricht. Ebenfalls können die Geräte die Zeitplanung und den Ablauf desUnterrichts stören, da die Nutzung sehr zeitraubend sein kann. Die Lehrer sind aufFortbildungen angewiesen, damit sie dem steten Wandel auch folgen können.Problematisch ist auch, dass nicht jeder Schüler ein Handy besitzt oder einenComputer, sodass die Lehrer gedrucktes Material zur Hand haben müssen. Auchmüssen Lehrer die Schüler schützen. Es ist ihre Pflicht, die Schüler auf die Gefahrenim Internet, die strafrechtlichen Folgen beim Missbrauch sowie auf die Privatsphäreeines jeden Einzelnen hinzuweisen. Allerdings stehen viele Lehrer dem digitalenWandel skeptisch gegenüber, weshalb es ihnen schwer falle sich die neueTechnologie anzueignen und im Unterricht einzusetzen und Zeitmangel sowie Mängelan aktuellen Geräten, der Infrastruktur der Schulen und der Unterstützung vonAusbildern sind für die Lehrer eine Herausforderung. Zudem kann es zu Spannungenzwischen Lehrer und Schüler führen, wenn der Lehrer der Ansicht ist, dass der Schülernicht den Unterrichtsanweisungen folge und der Lehrer demzufolge das Endgerät desSchülers in Beschlag nehme (vgl. Hyndman (13.08.2018)).Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie weist auf die Sonderstudie „SchuleDigital“ hin, in der die Ausstattung und Nutzung in der Lehrwelt, Lernwelt undLebenswelt hinterfragt wird. Diese Sonderstudie ist eine Studie der InitiativeD215,durchgeführt von Kantar TNS6. Laut dieser Studie fordern fast drei Viertel derLehrer und Eltern und mehr als zwei Drittel der Schüler die Nutzung digitaler Medienals grundlegenden Bestanteil aller Schulfächer. Die Nutzung digitaler Anwendungensowohl im Lehr- als auch im Lernbetrieb sei jedoch auf niedrigen Level und spezifische56Initiative 21: Deutschlands größtes gemeinnütziges Netzwerk für Digitale GesellschaftKantar TNS: Globales Marktforschungsunternehmen11

Lernprogramme oder andere zum Teil innovative digitale Angebote werden von denLehrern und Schülern nur wenig genutzt. Mangelnde Digitalkompetenzen derLehrkräfte zeige sich als Hürde für digitale Bildung (vgl. Initiative 21 (2016): 23).Der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest führt seit 1998 mit derJIM-Studie jährlich Basisuntersuchungen zur Mediennutzung von Kindern undJugendlichen durch. Neben einer aktuellen Standortbestimmung sollen die Daten zurErarbeitung von Strategien und Ansatzpunkten für neue Konzepte in den BereichenBildung, Kultur und Arbeit dienen. Die JIM-Studie ist als Langzeitobjekt angelegt, dieallgemeine Entwicklungen und Trends abbildet und dokumentiert und nrealisiert,umaktuelleMedienentwicklungen aufzugreifen (vgl. Medienpädagogischer ForschungsverbundSüdwest (o. J.) -1).Im Rahmen der JIM-Studie7 2017 wurden zwölf- bis 19-Jährige in Deutschlandneben der generellen Mediennutzung auch zu ihrem Medienumgang im Hinblick aufHausaufgaben, Lernen und Schule befragt. Durchschnittlich verbringen die Schüler 97Minuten an einem Wochentag mit ihren Hausaufgaben. Knapp die Hälfte ihrer Lern-/und Hausaufgabenzeit (45 % bzw. 44 Minuten) arbeiten die zwölf- bis 19-jährigenSchülerinnen und Schüler jeden Tag zu Hause am Computer oder im Internet für dieSchule. Mit zunehmendem Alter der Jugendlichen steigt die digitale Hausaufgabenzeitvon einer guten halben Stunde bei den zwölf- bis 13-Jährigen auf eine gute Stunde beiden volljährigen Schülern an.Einsatz digitaler Medien im Schulalltag warenhauptsächlich das Whiteboard (31 %) und der Computer (22 %) bei einer Nutzungmehrmals pro Woche. Smartphones (13 %), Laptops (9 %) oder Tablet-PCs (4 %)spielten noch keine große Rolle. Auch die weitere Betrachtung der Nutzung zumindesteinmal im Monat bestätigt dieses Bild: Nur jeder zehnte Schüler nutzt im Zeitraum vonvier Wochen einen Tablet-PC in der Schule (11 %), jeder Vierte ein Notebook (25 %)und jeder Dritte ein Smartphone (31 %). Nur Whiteboards (43 %) und stationäreComputer (59 %) kommen bei jedem zweiten Schüler monatlich zum Einsatz (vgl.Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (2017) -2).7Jim Studie: Seit 1998 wird mit der JIM-Studie im jährlichen Turnus eine Basisstudie zum Medienumgang derZwölf- bis 19-Jährigen durchgeführt. Neben einer aktuellen Standortbestimmung sollen die Daten zurErarbeitung von Strategien und Ansatzpunkten für neue Konzepte in den Bereichen Bildung, Kultur und Arbeitdienen (vgl. Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest).12

Eine Umfrage der Bertelsmann Stiftung zum Thema digitale Bildung zeigt, dass82 % der Schüler ihren Lehrern empfehlen, häufiger etwas Neues mit digitalen Medienim Unterricht auszuprobieren (vgl. Schmid, Goertz u. Behrens (2017): 27).Programme, die zur kreativen Arbeit im Unterricht genutzt werden, wie beispielsweiseMusik oder Videos selbst erstellen motivieren 75 % der Schüler zum Lernen und ihnenmacht der Unterricht Spaß. 73 % der Schüler haben Freude am Unterricht, wenn derLehrer einen Vortrag mit Lernvideos oder Präsentationen hält.59 % der Schüler werden zum Lernen motiviert, wenn der Lehrer im UnterrichtLernprogramme, wie Lern-Apps, Lernspiele oder Simulatoren benutzt (vgl. ebd.: 26).Zu den größten Hindernissen zählen der fehlende IT-Support (Platz 3), die Kosten fürHardware und Software (Platz 2) sowie die unzuverlässige technische Ausstattung anden Schulen (Platz 1) (vgl. ebd.: 22).2.3 Didaktische Überlegungen zum Gebrauch von digitalem Material im DaFUnterrichtDie Didaktik ist die Lehre vom Lehren und Lernen. Aufgrund des komplexenBerufsalltages von Lehrern, ist es nur verständlich, wenn diese sich funktionierendeMedientechnik wünschen und bei digitalen Endgeräten fündig werden. Die Tatsache,dass diese Geräte sofort einsatzfähig sind und es dank einer recht langen Akkulaufzeitauch den ganzen Schultag bleiben, prädestiniert sie für den Unterrichtseinsatz. Zudemstrahlen sie Modernität und eine gewisse Wertigkeit aus, was sich im Lernverhaltenvon Schülern häufig positiv auswirkt. Apps bieten für viele Lernsituationen eineLösung. Datendistributions-Apps erleichtern den Lehrern die Verteilung, Archivierungsowie eine sach- und fachgerechte Bewertung von Lernaufträgen. Lehrer, Schüler undEltern können sich ein Bild vom aktuellen Lehrstand machen. Die meisten Apps sindselbsterklärend und in ihrer Komplexität überschaubar. Ihre didaktischen Funktionendagegen sind sehr vielseitig. Digitale Lernkarten werden zum Beispiel zum Erlernenund Üben von Vokabeln eingesetzt. Andere Apps dagegen fördern Gestaltung,Hörverständnis, Recherche, Aufarbeitung, Strukturierung und Archivierung vonInformationen. Unterhaltung im Sinne von Lernspielen, Musikvideos oder Filmenkönnen zur Auflockerung des Unterrichtsalltages und zu dessen Vielseitigkeitbeitragen (vgl. Rösch und Maurer (2014): 25-28).13

Digitale Präsentationsprogramme bringen ebenfalls didaktische Vorteile mitsich. Sie lassen sich über eine einfache Internetadresse überall und jederzeit abrufenund neben Texten lassen sich auch animierte Grafiken, Videos und Audiodateienintegrieren. Das mache die Darstellungen nicht nur anschaulicher, sondern auchinhaltlich anspruchsvoller.Didaktisch sinnvoll ist ebenfalls, wenn die Schüler selbst Ratespiele für ihreMitschüler gestalten (vgl. Nölte (2017)).Dadurch werden die Lernenden zu Lehrenden und müssen sich intensiv mitdem Thema beschäftigen, um Fragen und Antworten zu erstellen. Hierdurch steigertsich ihre Aktivität im Unterricht. Die lehrenden Schüler lernen ebenfalls, vor der Klassezu stehen und gewinnen deshalb an Selbstvertrauen. Dies steigert ihre Motivation, ihrSelbstbewusstsein, Teamfähigkeit und die Problemlösungskompetenz (vgl. Martin (o.J.)).Der Einsatz von Apps und die Nutzung von Tablets und Smartphones verändere dieDidaktik im Klassenraum. War sie vorher auf die Tafel oder das Whiteboard zentriert,so fokussiert sie sich nun zu individualisiertem Lernen.Hoffmann (2018) weist auf der Internetseite der Gewerkschaft Erziehung undWissenschaft (GEW) auf folgende didaktische Möglichkeiten digitaler Medien hin. Erschreibt, dass digitale Medien die Teilhabe von Kindern und Jugendlichen mitkommunikativen, sensorischen oder motorischen Beeinträchtigungen am Unterricht(beispielsweise über Spracherkennungsprogramme, Umsetzung von Braille-Schrift inSchwarzschrift oder die Augensteuerung von Computern) erleichtern, sowie dieMöglichkeiten, sich kreativ mit Lerngegenständen auseinanderzusetzen (Filmprojektezu bestimmten Fragestellungen, eigene Erstellung von Lernmitteln durch Schülerinnenund Schüler etc.) erweitern. Auch helfen digitale Medien bei eigenständigerRecherche, sofern die Schüler für die Besonderheiten digital aufbereiteterInformationen sensibilisiert werden (Algorithmen-Logik von Suchmaschinen, Gefahrenvon Fake-Seiten etc.). Digitale Medien begünstigen die Realisierung unterschiedlicherLernsettings innerhalb eines Klassenraums (vgl. Hoffmann (2018)).Ebenfalls neue didaktische Möglichkeiten seien laut Apostolopoulus undJuhnke (2007), dass durch digitale Technologien der Einsatz und die Verteilung e.AnimationenundSimulationen eröffnen neue Möglichkeiten zur Veranschaulichung von komplexenZusammenhängen. Die verschiedenen Werkzeuge zur Online-Kommunikation (Foren,14

Chat, Arbeitsgruppen, Wikis, Blogs) ermöglichen eine intensivere Interaktion zwischenLehrern und Schülern und zwischen den Schüler untereinander. Die Lehrer werdendurch den Technologieeinsatz von administrativen Aufgaben entlastet und habenmehr Zeit für die eigentliche Lehre. Dadurch erhöhen sie ihre Effizienz als Lehrer (vgl.Apotolopoulos u. Juhnke (2007): 24).Zu didaktischen Risiken zählen die Ablenkung während des Unterrichts durchdigitale Medien. Für den Umgang mit der Technologie während des Unterrichtsmüssen Verhaltensregeln entwickelt werden. Beispielsweise bei einem Gespräch denComputer schließen. Aufgrund der hohen Anschaffungs- und Wartungskosten bestehtdie Gefahr, dass Schüler aus sozia

Mit Beispielen aus dem DaF-Unterricht an einer isländischen weiterführenden Schule . Nicht um zu telefonieren, sondern um den im Handy installierten Wecker auszustellen. . oder Mini-Computers wie