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Texte und Layout: Daniel Ernst (www.daniel-ernst.com)Titelseite: Michael Hempel (www.avisus.eu)

16. bis 18. Februar 2018Seit 2007 finden sich in Berlin alljährlich Musikerinnenaus ganz Deutschland zusammen, um sich mit Neugierund Leidenschaft meist unbekannten Werken vonKomponistinnen zu widmen. Den Ausgangspunkt für dasProjekt bildete eine Ouvertüre von Emilie Mayers, auf dieGudrun Schnellbacher in der Staatsbibliothek Berlingestoßen war, und für deren Aufführung sie dieHamburger Dirigentin Cornelia Gottberg sowie 17 Instrumentalistinnen – vieledavon aus dem Berliner schwul-lesbisch-queeren Orchester Concentus Alius –begeistern konnte. Seitdem hat sich das Repertoire auf zahlreicheKomponistinnen vom ausgehenden 18. Jahrhundert bis heute erweitert undteilweise wurden bislang ungespielte Schätze der Musikgeschichte zutagegefördert. Doch beschränkt sich das FOP nicht allein auf diese entdeckerischenBelange, sondern das Miteinander und gemeinsame Musizieren ist ebenso einGrund für das erfolgreiche Bestehen seit über zehn Jahren.Das Orchester wuchs im Laufe der Zeit, professionelle Musikerinnen unterstützten das Vorhaben und in den Jahren 2013 und 2014 konnte MonicaBuckland als Dirigentin gewonnen werden. Aktuell lenkt die musikalischenGeschicke Mary Ellen Kirchens, die mit ihrer Erfahrung durch Meisterkurse unddurch die Leitung zahlreicher Orchester und Chöre den hohen Anspruch desFOP weiter verfolgt. Sie ist nicht nur Leiterin der Abteilung Bestandsmanagement und Digitalisierung beim Bayrischen Rundfunk, sonderngleichzeitig Vorsitzende des Internationalen Arbeitskreises Frau und Musik,dem Trägerverein des Archivs Frau und Musik in Frankfurt/Main.frauenorchester.dewww.Gründerin des Projekts: Gudrun SchnellbacherMusikalische Leitung: Mary Ellen KitchensKoordination: Beatrice Szameitat

Elfrida Andrée1841 – 1929Vorspielaus: Fritiof SuiteIhre unerschütterliche Zielstrebigkeit zahlte sich aus: Zweimal wandte sichElfrida Andrée an das Königshaus, um das Organistenamt, das in Schweden bisdahin ausschließlich Männern vorbehalten war, für Frauen zu öffnen. Schließlich waren die Bemühungen von Erfolg gekrönt und ihre Karriere führte sie bisan den Göteborger Dom, wo sie neben ihren alltäglichen Pflichten als Organistin innerhalb der Gottesdienste auch die Wartung der Orgel übernahm und alsKantorin tätig war. Darüber hinaus setzte sie dort die Reihe der von KarlFritjof Valentin initiierten Volkskonzerte fort und ermöglichte so durch zahlreiche Veranstaltungen allen Bevölkerungsschichten musikalische Bildung.Ihre musikalische Ausbildung erhielt Elfrida Andrée zunächst von ihrem Vater,später von Gustaf Mankell. Er war es, der die Musikhochschule in Stockholmum die Zulassung Elfridas zum Orgelexamen ersuchte, doch erst im zweitenAnlauf durfte sie diese Prüfung absolvieren. Nach dem abgelegten Examen undbis der Weg zu ihrer Laufbahn als Kirchenorganistin frei war, widmete sie sichzunächst vermehrt kompositorischen Studien bei Ludvig Norman und später beiNiels W. Gade. Zu ihrem Schaffen gehört neben Liedern, Kammermusik sowieOrgel– und Orchesterwerken die Oper Fritiofs saga (1898).Dieses Bühnenwerk bildete die Grundlage für die 1909 entstandene Suite, fürderen insgesamt fünf Sätze bisher kein publiziertes Notenmaterial vorliegt.Deshalb ließ Mary Ellen Kitchens das Vorspiel für eine Aufführung des Orchestervereins Kempten setzen. Die Oper selbst hatte Elfrida Andrée erfolglos beimWettbewerb um die Eröffnung des Opernhauses in Stockholm eingereicht. Auszüge aus dem musikalische Material fasste sie in der groß besetzten Suite zusammen, die im letzten Satz sogar einen einstimmigen Frauenchor enthält.Weiterführende Web-Adressen und Literatur:mugi.hfmt-hamburg.de/ ; www.sophie-drinker-institut.de/ ; www.swedishmusicalheritage.com/

Ethel Smyth1858 – 19444. Satz: Finale-Allegro con brioaus: Serenade in D-DurNicht nur die Musik lag Ethel Smyth am Herzen, sondern auch das politischeEngagement für die Frauenrechtsbewegung, und so verband sie ihre beidenLeidenschaften in der Hymne der Suffragetten-Bewegung March of theWomen. Zuvor kämpfte die gebürtige Engländerin gegen den Willen des Vatersum die Aufnahme am Konservatorium in Leipzig, verließ es aber bereits nacheinem Jahr wieder, um private Stunden bei Heinrich von Herzogenberg zunehmen. Durch die Freundschaft zu dessen Ehefrau Elisabeth und derenMusiksalon lernte sie schnell das Who-Is-Who der damaligen Musikwelt kennen,darunter Johannes Brahms, Antonín Dvořák, Edvard Grieg und Clara Schumann.Die Uraufführungen ihrer Opern erforderten immer wieder Durchsetzungskraftund obwohl sie von vielen Seiten namhafte Unterstützung erfuhr, blieb SmythsSchaffen – wie sie selbst beklagte – von der zeitgenössischen Musikgeschichtsschreibung weitgehend unbeachtet.Mit der Serenade in D-Dur gab Smyth im April 1890 ihr Orchesterdebüt inEngland. Allerdings griff sie bei der 1889 entstandenen Komposition auf bereitsexistierendes Material aus Kammermusikwerken zurück, auf die sie sich bis1887 konzentriert hatte. Dem Umfang und der Anlage nach kommt dieSerenade einer ausgewachsenen Sinfonie nahe, wobei ein langsamer Satzfehlt. Diese Handhabung, die einerseits eine Nähe zur sinfonischen Form sucht,aber andererseits den Gattungsnamen vermeidet, stellt im 19. Jahrhundertkeine Seltenheit dar, sondern ist vielmehr Ausdruck einer in Frage gestelltenTradition und eines Experimentierens mit überkommenen Konventionen.Die erst kürzlich veröffentlichte Notenausgabe der Serenade basiert auf derintensiven Auseinandersetzung der Dirigentin Odaline de la Martinez mit demWerk und macht dieses Opus von Ethel Smyth wieder zugänglich.Weiterführende Web-Adressen und Literatur:mugi.hfmt-hamburg.de/

Vilma Weber von Webenau1875 – 1953OuvertüreZum Goldenen HornUngewöhnlich wenig ist bislang über die Komponistin und Pianistin mit demklangvollen Namen, dem illustren Stammbaum und dem Attribut »SchönbergSchülerin« bekannt. Die Forschung zum Leben und Wirken Vilma Weber vonWebenaus steht noch am Anfang, doch weiß man, dass sie in Wien, wo ein Teilder Familie wohnte, von Cäcilie Frank Klavierunterricht erhielt und öffentlicheKonzerte spielte. Ab 1898/99 nahm sie als erste Privatschülerin bei ArnoldSchönberg Stunden in Harmonielehre, Kontrapunkt sowie Komposition, folgteihm nach Berlin und wieder zurück nach Wien. Eine öffentliche Aufführung erfuhren Werke Vilma von Webenaus 1908 im Großen Saal des Musikvereins inder Donaumetropole und ab dem folgenden Jahr erteilte sie Unterricht in München. Doch ihren Lebensabend verbrachte sie in ärmlichen Verhältnissen undsie verstarb in einem »bescheidenen Kabinett im 21. Bezirk«.Fraglich bleibt, was die Ouvertüre Zum Goldenen Horn eröffnet, bzw. für welchen Anlass sie entstanden ist. Möglicherweise handelt es sich um eine Hommage an die Bucht »Goldenes Horn« in Istanbul (Konstantinopel), denn dortwurde die Tochter eines k. u. k. Botschaftsrates geboren. Aber auch eine Anspielung auf z.B. die Artus-Sage und ein Trinkhorn, das die Eigenschaft besitzt,sich von in der Liebe Untreuen nicht austrinken zu lassen, ist denkbar, dennStoffe aus der Märchen– und Sagenwelt nutzt sie ebenso in anderen Werken.Der bisher beinahe unangetastete Nachlass Vilma von Webenaus befindet sichin der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB). Gedruckte Notenausgabenexistieren kaum und so wurde auch das Orchestermaterial zum Goldenen Horneigens für das FOP erstellt.Weiterführende Web-Adressen und Literatur:Susanne Wosnitzka: „Gemeinsame Not verstärkt den Willen“ – Netzwerke von Musikerinnen inWien, in: Annkatrin Babbe und Volker Timmermann (Hrsg.): Musikerinnen und ihre Netzwerke im19. Jahrhundert ( Schriftenreihe des Sophie Drinker Instituts 12), Oldenburg 2016, S. 131-148.

Vítězslava Kaprálová1915 – 19401. und 2. Satzaus: Suita rustica, op. 19Trotz ihres kurzen Lebens gilt Vítězslava Kaprálová als eine der wichtigstenRepräsentantinnen der Tschechischen Musik zwischen den beiden Weltkriegen.Ihr rund 50 Werke umfassendes Œuvre spiegelt besonders ihre Vorliebe für dasKunstlied wieder, aber auch ihre Orchesterwerke erfuhren große Anerkennung.Als erste weibliche Absolventin schloss sie am Konservatorium ihrer Heimatstadt Brünn die beiden Fächer Komposition und Dirigieren erfolgreich ab undsetzte ihre Ausbildung am Prager Konservatorium fort. Mit ihrer Abschlussarbeit – der Militär-Sinfonietta, die sie 1937 mit den Tschechischen Philharmonikern aus der Taufe hob – erlangte sie nicht nur in ihrer Heimat große Bekanntheit, sondern auch in England, als sie ein Jahr später dasselbe Werk mitdem BBC Orchestra zur Aufführung brachte. Ab Oktober 1937 lebte sie in Paris,wo Bohuslav Martinů sie in die dortigen Kreise der zeitgenössischen Musik einführte.Die Suita rustica, op. 19, entstand innerhalb von drei Wochen zwischen Oktober und November 1938. Das Auftragswerk der Universal Edition London, dieallerdings von einer Publikation letztlich absah, nutzt Zitate aus mährischer,slowakischer, schlesischer sowie tschechischer Volksmusik und stellt diesesElement einer stark rhythmischen und dissonanten Komponente gegenüber.Außerdem scheint ein Bezug zu Strawinskijs Pétroushka zu bestehen, mit demsich Kaprálová schon zu Studienzeiten und nochmals nach ihrem Umzug nachParis – dem Ort der Uraufführung des Balletts – beschäftigt hatte.Kaprálovás Erbe betreuen der Tschechische Rundfunk, von dem auch das Notenmaterial zur Suita rustica stammt, der Bärenreiter Verlag sowie dieKaprálová-Gesellschaft in Toronto, Kanada.Weiterführende Web-Adressen und Literatur:http://www.kapralova.org/ ; Christine Fischer (Hg.): Vítězslava Kaprálová (1915-1940). Zeitbilder, Lebensbilder, Klangbilder. Zürich 2017.

Bisher beim FOPElfrida Andrée (1841–1929)Violet Archer (1913–2000)Claude Arrieu (1903–1990)Mel Bonis (1858–1937)Gloria Coates (*1938)Jean Coulthard (1908–2000)Mabel Daniels (1878–1971)Violeta Dinescu (*1953)Dorothee Eberhardt (*1952)Louise Farrenc (1804–1875)Gabriela Lena Frank (*1972)Imogen Holst (1907–1984)Lou Koster (1889–1973)Louisa Adolpha LeBeau (1850–1927)Alma Mahler (1879–1964)Emilie Mayer (1821–1883)Dora Pejačević (1885–1923)Katrin Schweiger (*1987)Maddalena Laura Lombardini Sirmen (1745–1818)Alice Mary Smith (1839–1884)Ethyl Smyth (1858–1944)Jórunn Viðar (1918–2017)Wilhelmine von Preußen (1709–1758) 2018

che Veranstaltungen allen Bevölkerungsschichten musikalische Bildung. Ihre musikalische Ausbildung erhielt Elfrida Andrée zunächst von ihrem Vater, später von Gustaf Mankell. Er war es, der die Musikhochschule in Stockholm . mugi.hfmt-hamburg.de/ Vilma