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Das White Paper steht unter einer Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz.WHITE PAPERMai 2012Digitale Lehrmittelfreiheit:Mehr als digitale SchulbücherKernidee: Die anstehende Digitalisierung von Lehr- und Lernunterlagen erfordert auch eineNeukonzeption von Lehrmittelfreiheit. Freiheit von digitalen Lehrmitteln bedeutet nicht nurkostenlosen Zugang, sondern auch die Verwendung freier Lizenzen und freier Formate. Derenkonsequente Verwendung kann wiederum zu mehr Wettbewerb und besserer Qualität imBereich der Lehr- und Lernunterlagen führen. Voraussetzung dafür ist aber eine Reform derFinanzierung und Auftragsvergabe im Bereich von Lehrmitteln.Zum Autor:Dr. Leonhard Dobusch, Institut für Management, Freie Universität Berlin
Digitale Lehrmittelfreiheit:Mehr als digitale Schulbücher1. Problemaufriss:Trotz der generell gestiegenen Bedeutung digitaler Technologien auch im Bildungsbereichwaren deren Auswirkungen auf die Erstellung und Distribution von Lehr- und Lernunterlagenbis vor kurzem gering. An Schulen wie Universitäten dominiert das gedruckte Buch, digitaleAngebote beschränkten sich größtenteils auf ergänzende und mangels dafür vorgesehenerFinanzierung nur wenig genutzter Zusatzangebote. Mit dem Durchbruch von E-Book-Readernsowie Tablet-PCs ist allerdings zu erwarten, dass es auch im Bildungsbereich zutiefgreifendem Wandel kommen wird. Erste Ansätze diesbezüglich sind die Aktivitäten vonApple, das in den USA bereits mit seinem iPad als Lesegerät für digitale Schulbücher in denBildungsbereich drängt,1 sowie der Ankündigung der Plattform „Digitale Schulbücher“ desVerbands Bildungsmedien.2Beide Plattformen nutzen die Digitalisierung von Lehr- und Lernunterlagen jedoch nicht füreinen Paradigmenwechsel, sondern schreiben die bestehenden Verhältnisse linear in derdigitalen Welt fort. Die bestehende Situation ist aber beispielsweise am Schulbuchmarkt auchabseits von Digitalisierungsfragen keineswegs unproblematisch:---drei Großverlage (Klett, Cornelsen und Westermann) kontrollieren zusammen über 90%des Marktes für Schulbücher. Die restlichen 10% verteilen sich auf 70 spezialisierteKlein- und Kleinstverlage. Der Schulbuchmarkt präsentiert sich demnach alsoligopolistisch und wettbewerbsschwach.Ein Vergleich verschiedener Schulbücher ist sowohl für Eltern als auch fürLehrer/innen nur sehr schwer möglich, da diese meist nicht im Volltext onlineeinsehbar sind und ein Vergleich gedruckter Lehrbücher aufwändig ist.Lehrende haben keine Möglichkeit, vorhandene Unterlagen zu korrigieren, zuerweitern oder zu verbessern und diese Änderungen ihren Kollegen auf einfacheWeise zugänglich zu machen. Gleiches gilt für die Kombination verschiedenerUnterlagen.1Vgl. d-schulen-schulbuch/komplettansicht [06.03.2012]Vgl. a/ [06.03.2012]22
-Sowohl in Ländern mit Lehrmittelfreiheit als auch in Ländern, wo die Eltern fürSchulbücher aufkommen müssen, hat der Ankauf von Schulbüchern nicht denCharakter einer herkömmlich-marktlichen Entscheidung: die Entscheidung für odergegen ein bestimmtes, im Katalog zugelassener Lehrbücher angeführtes Buch wirdnicht von denjenigen getroffen, die letztlich die Kosten tragen – in der Regel wählen(Fachkonferenzen von) Lehrkräfte(n) die Bücher aus, die öffentliche Hand (im Fallevon Lehrmittelfreiheit) bzw. die Eltern (ohne Lehrmittelfreiheit) tragen die Kosten.Hinsichtlich digitaler Lehr- und Lernmittel ist die Situation noch einmal problematischer:digital aufbereitet oder auch nur zugänglich sind nur ein kleiner Teil der Lehr- undLernunterlagen und wenn, dann sind damit starke Restriktionen verbunden. So sind digitalzugängliche Universitätslehrbücher häufig nur am Universitätscampus online einsehbar underlauben keinen Download auf mobile Lesegeräte (E-Books).Und selbst dort, wo Online-Plattformen breiten Zugriff auf Lehr- und Lernunterlagenermöglichen sollen, ist dieser in der Regel nur in Form von proprietären Formaten mitstrengem Kopierschutz und damit verbundenen Einschränkungen hinsichtlich Kompatibilität,Les- und Verwendbarkeit. Hinzu kommt, dass nach herrschender Rechtsprechung inDeutschland3 auf Online-Plattformen Auszüge aus klassischen Lehrbüchern den Umfang vondrei Buchseiten nicht überschreiten dürfen.Aber auch jenseits von Verlagsangeboten gibt es eine große Vielfalt an Lehr- undLerninhalten, die von Lehrenden in Eigenregie online zugänglich gemacht werden. Diese sindaber aus Zeit- und Ressourcenmangel bzw. fehlendem Problembewusstsein häufig schlechtindexiert und ebenfalls proprietär lizenziert, was eine Weiterverwendung bzw. -verbesserungdurch Dritte erschwert.Im Ergebnis stehen Eltern und Lehrer/innen, Schüler/innen und Studierende vor derparadoxen Situation, dass digitale Technologien für die Er- und Bereitstellung von Lehr- undLernunterlagen immer wichtiger, die finanziellen Spielräume dafür aber immer geringerwerden. Gleichzeitig werden in Deutschland die Potentiale der Digitalisierung von Lehr- undLernunterlagen für eine Verbesserung von Zugang, Vergleichbarkeit und Qualität kaumausgeschöpft.43Vgl. t-behindert-unterricht-und-bildung.html [07.05.2012]Vgl. z.B. 03.2012]34
Insbesondere in Ländern mit Lehrmittelfreiheit stellt sich deshalb die Frage, warum dieöffentliche Finanzierung von Lehr- und Lernunterlagen nicht an die Verwendung von offenenUrheberrechtslizenzen (z.B. Creative Commons) geknüpft ist und so ein Schritt in Richtungoffener Lehr- und Lernunterlagen unternommen wird.2. Digitale Lehrmittelfreiheit: Offene Lehr- und Lernunterlagen („Open EducationalResources“)Lehrmittelfreiheit war immer schon mehr als der kostenlose Zugang zu Lehr- undLernunterlagen. Es war auch das klare Bekenntnis, dass die möglichst umfassendeBereitstellung von Lehr- und Lernunterlagen eine öffentliche Aufgabe zur Verbesserung derBildungs- und damit Chancengleichheit in einer Gesellschaft darstellt. Diese Ziele vonLehrmittelfreiheit gilt es in der digitalen Gesellschaft weiterhin anzustreben. Die Bandbreitean Mitteln und Wegen, mit denen sich eine Gesellschaft diesen Zielen annähern kann, ist dankneuer digitaler Technologien allerdings in den letzten Jahren deutlich größer geworden.So bieten PC und Internet eine einfache und kostengünstige Möglichkeit, um Lehr- undLerninhalte zu erstellen, zu modifizieren, zu verbreiten und zu vergleichen. Um diesePotentiale digitaler Technologien auszuschöpfen, reicht das bloße Fortschreiben derrechtlichen, organisatorischen und ökonomischen Rahmenbedingungen nicht aus. Denn wasnützt Digitalisierung, wenn die Unterlagen auf Grund von Zugangsschranken dennoch nichtoder nur schwer verglichen werden können? Wo liegt der Vorteil einfacher Modifizierbarkeit,wenn das Ergebnis nicht ohne weiteres mit Kolleginnen und Kollegen geteilt werden kann?Einen Ausweg aus diesen Dilemmata sucht eine grenzüberschreitende Bewegung zurFörderung von freien und offenen Lehr- und Lernunterlagen oder „Open EducationalResources“ (OER). Im Rahmen der 2008 im Anschluss an eine internationale Konferenz zumThema veröffentlichten „Cape-Town Open Education Declaration“ werden Ziel und Wesendieser Bewegung wie folgt beschrieben:„Wir stehen am Beginn einer globalen Revolution, welche die Art und Weise auf diewir lehren und lernen grundlegend verändern wird. Lehrer und Professoren in derganzen Welt haben bereits eine überwältigende Menge von frei zugänglichenBildungsmaterialien im Internet veröffentlicht, als so genannte Open EducationalResources (OER). Sie verfolgen das Ziel, Bildung und Wissen unbeschränktverfügbar zu machen. Diese Entwicklung geht einher mit der Einführung neuer4
pädagogischer Ansätze, bei denen sich Lehrende und Lernende in einemgleichberechtigten Prozess gemeinsam Wissen erschließen.Die noch junge “Open Education” Bewegung verbindet die alte Tradition, Wissenund Ideen gemeinsam zu entwickeln und auszutauschen mit den neuenMöglichkeiten der Vernetzung und Interaktivität, die das Internet bietet. Sie basiertauf dem Grundprinzip, dass jeder die Freiheit haben sollte, Bildungsmaterialien zunutzen, zu verändern, zu verbessern und weiterzugeben – ohne Einschränkungen.Professoren, Lehrer, Studenten und viele mehr arbeiten gemeinsam in dieserweltweiten Initiative mit dem Ziel, möglichst vielen Menschen Zugang zu Bildung zuermöglichen.”5In Deutschland haben kürzlich Bretschneider et al. in einem sehr gehaltvollen „White Paperzu Grundlagen, Akteuren und Entwicklungsstand im März 2012“ von OER an Schulen6folgende präzisierte Definition von „Offenheit“ im OER-Kontext vorgelegt. Demnach müssenLehr- und Lernunterlagen drei Kriterien erfüllen, um als OER im engeren Sinne gelten zudürfen:71. Der Zugang zu den Materialien soll offen sein. (Daraus folgt eine Kostenfreiheit.)2. Die Materialien sollen unter einer Lizenz veröffentlicht werden, die dieWeiterbearbeitung und Weitergabe der (bearbeiteten) Materialien ermöglicht.83. Software , Dateiformate, Standards, die bei Erstellung, Vertrieb,Weiterbearbeitung und Nutzung zum Einsatz kommen, sollen frei zugänglich bzw.unter einer freien Lizenz veröffentlicht sein.Das White Paper von Bretschneider et al. liefert darüber hinaus auch eine detaillierteChronologie verschiedener OER-Initiativen der letzten zehn Jahre, sowie eineAuseinandersetzung mit den urheberrechtlichen Hürden auf dem Weg zu einem besserenZugang zu Lehr- und Lernunterlagen.Auch in deren Überblick wird deutlich, dass im Bereich OER einerseits die USA undandererseits Schwellenländer wie China oder Südafrika Vorreiter sind. In den USA5Vgl. http://www.capetowndeclaration.org/ [14.03.2012]Vgl. http://goo.gl/14Ikv [07.05.2012]7In der Praxis findet sich jedoch eine große Vielfalt an Definitionen und Richtlinien, wie auch an Hand derSammlung von „OER Policy Registries“ durch Creative Commons im März 2012 ersichtlich wurde, ittet-um-unterstutzung-fur-oer-policy-registry/ [07.05.2012]8Im Regelfall wird von digital vorliegenden Materialien ausgegangen, auch wenn durchaus analoge Materialienexistieren.65
investieren einerseits die Regierung9 und andererseits große private Stiftungen wie die FloraHewlett10 oder die Bill & Melinda Gates Foundation11 große Summen in OER.Eines der bekanntesten Beispiele für OER ist das Open-Courseware-Programm desMassachusetts Institute for Technology (MIT), das mit Hilfe einer Förderung der FloraHewlett Foundation realisiert wurde und mittlerweile Unterlagen zu über 2000 Kursenkostenlos online zugänglich macht. 12 Gleichzeitig beweist die Vielzahl der im OpenCourseware Consortium (OCC)13 zusammengeschlossenen Bildungseinrichtungen, dass OERkeineswegs nur ein Thema für US-Elite-Universitäten sein muss. Umso verwunderlicher, dassDeutschland noch ein völlig weißer Fleck auf der Landkarte der OCC-Mitglieder ist.14Eigenschaften von OER-Ansätzen.und damit verbundene Vorteile und PotentialeInstitutionelle Bereitstellung- Unterstützung von Lehrenden beim Teilen von Lehr- undLerninhalten- Aufbereitung und Sicherstellung längerfristiger VerfügbarkeitVerwendung von Creative-CommonsLizenzen*- Kostenlose Online-Verfügbarkeit- Erlaubnis zur uneingeschränkten Verwendung für Unterrichtund Selbststudium- Erlaubnis zur Weitergabe bzw. Veröffentlichung im Internet- Erlaubnis zur Modifikation und Veröffentlichung modifizierterFassungen- Hybride Geschäftsmodelle für die Bereitstellung gedruckterLehr- und Lernunterlagen (ggf. Vereinbarung erforderlich)Vernetzung und Einbindung in überregionalePlattformen- Aggregation von Lehr- und Lerninhalten verschiedenerAnbieter- Einfache Such- und Vergleichbarkeit* in den Varianten CC-BY, CC-BY-SA oder CC-BY-NC; für Details zu den Lizenzen: http://creativecommons.orgTabelle 1: Eigenschaften und Potentiale von OER-AnsätzenAllen Initiativen im Bereich OER ist gemein, dass sie ihre Inhalte unter offenen Lizenzen wieCreative Commons veröffentlichen, wobei möglichst freie Lizenzvarianten 15 bevorzugtwerden, um eine Kompatibilität der verschiedenen OER-Angebote sicherzustellen. Mit dieserLizenzierung ist sichergestellt, dass Dritte die Möglichkeit haben, die Unterlagen kostenlos9Vgl. z.B. http://creativecommons.org/weblog/entry/26100?utm campaign newsletter 1102 [14.03.2012]Vgl. z.B. http://web.mit.edu/newsoffice/2001/ocwfund.html [14.03.2012]11Vgl. z.B. y/ [14.03.2012]12Vgl. Hofmann, B./Kampl. R. (2011): Gemeinsam Lehren und Lernen: Open Educational Resources inUniversitäten, Schulen und anderen Bildungseinrichtungen. In: Dobusch, L./Forsterleitner, C./Hiesmair, M.(Hrsg.): Freiheit vor Ort: Handbuch kommunale Netzpolitik. München: Open Source Press, S. 77-105, (2011)Gemeinsam-Lehren-und-Lernen FvO.pdf [14.03.2012]13Vgl. http://www.ocwconsortium.org/ [14.03.2012]14Vgl. http://www.ocwconsortium.org/en/members/members [14.03.2012]15Als besonders frei gelten dabei Creative-Commons-Lizenzen, die auf eine Beschränkung der kommerziellenNutzung verzichten, vgl. -ist-und-man-nc-nicht-benutzensollte/ [14.03.2012] sowie die Broschüre „Freie Inhalte mit Creative-Commons-Lizenzen“, online unterhttp://irights.info/userfiles/CC-NC Leitfaden web.pdf [07.05.2012]106
herunterzuladen, weiterzugeben, zu verbessern und diese Verbesserungen wiederumzugänglich zu machen (vgl. Tabelle 1).Dass OER-Ansätze keineswegs inkompatibel mit neuen Geschäftsmodellen sein müssen,beweist wiederum der Anbieter von OER-Lehr- und Lernunterlagen „Flat WorldKnowledge.“16 Der US-amerikanische Lehrbuchverlag bietet Creative-Commons-lizenzierteLehrbücher online kostenlos an und verdient am Verkauf von Printversionen bzw.Dienstleistungen. Auf Basis dieses Geschäftsmodells haben kürzlich das MIT und Flat WorldKnowledge eine Kooperation bekanntgegeben, bei der Open-Courseware-Unterlagen mitHilfe des OER-Verlags neu aufbereitet werden sollen.17 Weitere Beispiele für erfolgreichrealisierte OER-Vorhaben finden sich in einem umfassenden Report von Atkinson undanderen für die Hewlett Foundation aus dem Jahr 2007, sowie im bereits erwähnten WhitePaper von Bretschneider et al. (2012; siehe auch Tabelle 2).18Beispiele für bestehende OER-Projekte und -InitiativenMIT Open Courseware(http://ocw.mit.edu)- Unterlagen zu über 2000 verschiedenen Kursen- Aufbereitung ausgewählter Kursunterlagen zum Selbststudium („OCWScholar“- Kooperation mit Flat World Knowledge für die Bereitstellung gedruckter Lehrund Lernunterlagen- Creative-Commons-Lizenz: CC-BY-NC-SAConnexions(http://www.cnx.org)- Plattform zur kooperativen Erstellung freier Lehr- und Lernunterlagen- Über 17.000 Lernobjekte und 1.000 thematische Zusammenstellungen vonLehr- und Lernunterlagen- Entwicklung von Software-Tools zum reibungslosen Remixen verschiedenerLern- und Lehrobjekte- Creative-Commons-Lizenz: CC-BY„Digitale Schule“ in Polen(Bericht: http://bit.ly/K5lWDN)- Veröffentlichung von Schulbüchern der Klassen 4 bis 6 unter CreativeCommons-Lizenz CC-BY- Vier Bereiche: „E-school“ (u.a. Mittel für neue Computer), „E-student“ (z.B.Tablets für den Heimgebrauch), „E-teacher“ (Extra-Personal für Nachhilfe inFragen der Netzkompetenz) und “E-textbook” (CC-lizenzierte Schulbücher)P2P University(http://p2pu.org)- Angebot an Peer-to-Peer-Online-Kursen auf Basis von OER-Materialien- Creative-Commons-Lizenz: CC-BY-SA* in den Varianten CC-BY, CC-BY-SA oder CC-BY-NC; für Details zu den Lizenzen: http://creativecommons.orgTabelle 2: Eigenschaften und Potentiale von OER-Ansätzen16Vgl. http://www.flatworldknowledge.com/ [14.03.2012]Vgl. cher/ [14.03.2012]18Atkins, D.E./Brown, J.S./Hammond, A.L. (2007): A Review of the Open Educational Resources (OER)Movement: Achievements, Challenges, and New Opportunities. Report to The William and Flora HewlettFoundation. ional%20Resources%20(OER)%20Movement BlogLink.pdf [14.03.2012]717
3. Hürden am Weg zu digitaler LehrmittelfreiheitDeutschland ist, wie bereits angedeutet, Entwicklungsland im Bereich offener Lehr- undLernunterlagen. Als einzige Bildungseinrichtung im deutschsprachigen Raum ist dieösterreichische Universität Klagenfurt Mitglied im Open Courseware Consortium.19 In derzentralen Sammelstelle für OER-Inhalte, www.oercommons.org, finden sichdementsprechend auch kaum deutsche Inhalte.Verantwortlich für die schleppende Verbreitung des OER-Ansatzes in Deutschland sind eineReihe von Faktoren:-Geringe Bekanntheit unter Lernenden, Lehrenden und Bildungseinrichtungen sowohlvon freien Lizenzen im Allgemeinen als auch von OER-Ansätzen im Speziellen.-Bislang keine nennenswerten Investitionen der öffentlichen Hand in den Aufbau einesPools an frei lizenzierten Lehr- und Lernunterlagen, sowie keine Reform vonBeschaffungsprozessen in Ländern mit LehrmittelfreiheitKaum private Fördergelder für OER im Vergleich mit den USA sowie mit ärmerenLändern, in denen Einrichtungen wie die Open Society Foundation in diesem Bereichaktiv sind.Hinzu kommt der deutsche Bildungsföderalismus, der es erschwert, Größenvorteile zunutzen sowie zentrale Initiativen im Bereich OER voranzutreiben.--Genau dieser Bildungsföderalismus könnte allerdings auch eine Chance für OER inDeutschland sein, weil er die Erprobung neuer Konzepte in einzelnen Bundesländern erlaubt.Insbesondere in Ländern mit Lehr- und Lernmittelfreiheit bietet sich ein Überdenkenbisheriger Finanzierungs- und Ausschreibungspraktiken zu Gunsten stärker auf Offenheit hinorientierter Ansätze an.4. Der Weg: Lehrmittelfreiheit neu denkenUm eine Reform des Konzepts der Lehrmittelfreiheit vor dem Hintergrund der Digitalisierungzu aktualisieren und gleichzeitig dessen Implementierung voranzutreiben, bietet sich einezweistufige Vorgehensweise, ergänzt um die Einrichtung eines OER-Kompetenzzentrums aufBundesebene an.19Vgl. Interview mit Thomas Pfeffer „Die Veröffentlichung von Lehrmaterialien muss selbstverständlichwerden“, in: Dobusch, L./Forsterleitner, C. (2007): Freie Netze. Freies Wissen. Wien: Echomedia, S. 90-96,Online: http://www.freienetze.at/pdfs/fnfw-kapitel3.pdf [14.03.2012]8
Stufe 1: Machbarkeitsstudien in Ländern mit Lehrmittelfreiheit. Um die notwendigenrechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen für Lehrmittelfreiheit im Sinne eines OERAnsatzes in allen Details zu erschließen gilt es, zwei Leitfragen in Form vonMachbarkeitsstudien für jedes Bundesland zu beantworten:-Welche Schritte in Richtung Open Educational Resources sind unter den gegebenengesetzlichen Rahmenbedingungen möglich?Welche gesetzlichen Hürden bestehen für OER und wie können sie abgebaut werden?Für beide Fragen gilt, dass sie für den schulischen, den universitären und denWeiterbildungsbereich zwar gleichermaßen relevant, allerdings jeweils unterschiedlich zubeantworten sind.Stufe 2: Pilotprojekte an ausgewählten Universitäten und in ausgewählten Disziplinen. AufBasis der in Stufe 1 gewonnenen Studienergebnisse könnten in einem zweiten SchrittPilotprojekte an ausgewählten Bildungseinrichtungen durchgeführt werden. Die Vergabedafür vorgesehener Mittel könnte in Form eines Wettbewerbs durchgeführt werden, was beiausreichender Dotierung auch gleichzeitig zu einer größeren Bekanntheit des OER-Konzeptsin Deutschland führen würde.Wie schon bei Stufe 1 gilt, dass verschiedene Pilotprojekte die unterschiedlichenHerausforderungen in den Bereichen Schule, Universität und Weiterbildung widerspiegelnsollten.Parallel zu Machbarkeitsstudien und Pilotprojekten auf Länderebene sollte auf Bundesebeneim Rahmen des Bildungsministeriums ein Kompetenzzentrum „OER Germany“ aufgebautund mit der zentralen Vergabe von Fördergeldern für OER-Projekte betraut werden.LiteraturAtkins, D.E./Brown, J.S./Hammond, A.L. (2007): A Review of the Open EducationalResources (OER) Movement: Achievements, Challenges, and New Opportunities. Report toThe William and Flora Hewlett Foundation. ional%20Resources%20(OER)%20Movement BlogLink.pdf [14.03.2012]9
Brandenberg, V. (2006): Rechtliche und wirtschaftliche Aspekte des Verlegens vonSchulbüchern – mit einer Fallstudie zum bayerischen Zulassungsverfahren. In: Alles Buch:Studien der Erlanger Buchwissenschaft XVIII, Online: df [14.03.2012]Bretschneider, M./Muuß-Merholz, J./Schaumburg, F. (2012): Open Educational Resources(OER) für Schulen in Deutschland: Whitepaper zu Grundlagen, Akteuren undEntwicklungsstand im März 2012, Online: http://goo.gl/14Ikv [07.05.2012]Hofmann, B./Kampl. R. (2011): Gemeinsam Lehren und Lernen: Open EducationalResources in Universitäten, Schulen und anderen Bildungseinrichtungen. In: Dobusch,L./Forsterleitner, C./Hiesmair, M. (Hrsg.): Freiheit vor Ort: Handbuch kommunale Netzpolitik.München: Open Source Press, S. 77-105, Online: meinsam-Lehren-und-Lernen FvO.pdf [14.03.2012]Pfeffer, T. (2007): Interview: „Die Veröffentlichung von Lehrmaterialien mussselbstverständlich werden“, in: Dobusch, L./Forsterleitner, C. (Hrsg.): Freie Netze. FreiesWissen. Wien: Echomedia, S. 90-96, Online: .03.2012]10
Das White Paper steht unter einer Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz. WHITE PAPER Mai 2012 Digitale Lehrmitte