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Seniorenpolitisches Gesamtkonzeptfür den Landkreis SchweinfurtSchweinfurt, Augsburg und München, Mai 2009Arbeitsgemeinschaft Sozialplanung in BayernArbeitsgruppe für Sozialplanung und Altersforschung (AfA) &Institut für Sozialplanung, Jugend- und Altenhilfe,Gesundheitsforschung und Statistik (SAGS)
HerausgeberLandkreis SchweinfurtAmt für SozialesSchrammstr. 197421 on: 09721/55-469Telefax: 09721/55-78469E-Mail: [email protected] und Bearbeitung durch:Arbeitsgemeinschaft Sozialplanung in BayernArbeitsgruppe für Sozialplanungund Altersforschung (AfA)Spiegelstraße 481241 MünchenTelefon: 089/89623044Telefax: 089/89623046E-Mail: [email protected] für Sozialplanung, Jugendund Altenhilfe, Gesundheitsforschungund Statistik (SAGS)Theodor-Heuss-Platz 186150 AugsburgTelefon: 0821/346298-0Telefax: 0821/346298-8E-Mail: [email protected]
GliederungImpressum . iiGliederung . iiiDarstellungsverzeichnis . viiVorwort. xiKurzfassung .xiii1.1.1Einleitung .1Gesetzliche und weitere Grundlagen .11.2Vorgehensweise und Arbeitsschritte.42.Ergebnisse der Leitlinien-Diskussionen für die zukünftigeSeniorenarbeit im Landkreis Schweinfurt .73.3.1Bevölkerung im Landkreis Schweinfurt: Bestand und Prognose .9Fazit zur Bevölkerungsprognose .93.2Zukünftige Entwicklung der älteren Bevölkerungsgruppen. 114.4.1Handlungsfeld Integrierte Orts- und Entwicklungsplanung. 19Der öffentliche Raum und öffentlich zugängliche Gebäude. 194.2Nahversorgung . 204.3Mobilität . 224.4Beurteilung der Situation und Maßnahmeempfehlung . 245.5.1Handlungsfeld Wohnen zu Hause. 27Wohnsituation älterer Bürgerinnen und Bürger imLandkreis Schweinfurt . 275.2Barrierefreiheit der Wohnung und der näheren Wohnumgebung . 295.3Wohnwünsche und Wohnformen . 305.4Wohnangebote im Landkreis Schweinfurt . 325.4.1Betreute Wohnanlagen . 325.4.2Einschätzung des Angebots zu Betreutem Wohnen . 355.5Betreutes Wohnen zu Hause . 365.6Weitere Hilfen für das Wohnen zu Hause . 365.7Essen auf Rädern . 37iii
5.8Hausnotruf . 395.9Hilfen im Haushalt . 405.10Einschätzung der hauswirtschaftlichen Hilfen/ individuellen Hilfen. 415.11Familiäre Ressourcen . 415.12Beurteilung der Situation und Maßnahmenempfehlung. 436.6.1Handlungsfeld: Beratung, Information und Öffentlichkeitsarbeit . 47Beratungsangebote im Landkreis Schweinfurt. 476.1.1Weitere Informationsquellen . 486.1.2Informationsquellen älterer Bürger . 496.2Diskussion im Workshop. 506.3Beurteilung der Situation . 506.4Bedarfseinschätzung, Zielsetzung und Maßnahmenempfehlung . 517.7.1Handlungsfeld: Betreuung und Pflege . 53Ambulante Dienste . 537.2Kurzzeitpflege im Landkreis Schweinfurt . 687.3Tagespflege in Landkreis Schweinfurt . 717.4Vollstationäre Pflegeeinrichtungen . 717.4.1Pflegestatistik . 717.4.2Schriftliche Befragung der Pflegeheime im Landkreis Schweinfurt . 747.4.3Auswertung der Strukturdaten der stationären Pflegeheimeim Landkreis Schweinfurt . 757.5Betreuung und Pflege aus der Sicht der Bürger/innen ab 60 Jahren . 807.6Einige Ergebnisse des Workshops . 847.7Beurteilung der Situation, Zielsetzungenund Maßnahmeempfehlungen. 858.8.1Handlungsfeld: Unterstützung pflegender Angehöriger. 89Die Angebote im Landkreis Schweinfurt . 908.2Einschätzung der Angebote aus der Sicht der lokalen Experten . 928.3Beurteilung der Situation und Zielvorgaben . 928.4Maßnahmenempfehlungen . 949.9.1Handlungsfeld: Präventive Angebote . 95Präventive Angebote . 959.2Beurteilung der Situation durch die lokalen Akteure. 969.3Beurteilung der Situation, Zielsetzungen und Maßnahmenkatalog. 97iv
10.10.1Handlungsfeld: Gesellschaftliche Teilhabe. 99Angebote der Freizeitgestaltung und Begegnung . 9910.2Mitarbeiterstruktur der Einrichtungen. 10310.3„Zugehende“ Angebote der Offenen Seniorenarbeit. 10310.4Einschätzung der Angebote im Bereich „Gesellschaftliche Teilhabe“ . 10710.5Beurteilung der Situation, Zielsetzungen undMaßnahmenempfehlungen . 10711.11.1Handlungsfeld: Bürgerschaftliches Engagementvon und für Senioren. 109Bürgerbefragung . 10911.2Soziales Bürgerschaftliches Engagement . 11011.3Beurteilung der Situation, Zielsetzungen und Maßnahmenkatalog . 11112.12.1Handlungsfeld: Angebote für besondere Zielgruppen. 113Angebote für gerontopsychiatrisch Erkrankte . 11312.2Alt gewordene Menschen mit Behinderung. 11612.3Alt gewordene Migranten . 11712.4Beurteilung der Situation, Zielsetzungenund Maßnahmeempfehlungen . 11813.13.1Handlungsfeld: Kooperations- und Vernetzungsstrukturen . 119Kooperationen bei Einrichtungen der Offenen Altenhilfe,Pfarreien, Seniorenkreisen . 11913.2Kooperationen stationärer Einrichtungen . 12113.3Kooperationen bei ambulanten Diensten . 12113.4Beurteilung der Situation, Zielvorgabenund Maßnahmenempfehlungen . 12114.14.1Handlungsfeld Hospiz- und Palliativversorgung. 123Beurteilung der Situation, Zielvorgabenund Maßnahmenempfehlungen . 12415.15.1Pflegebedarfsplanung . 127Pflegebedürftige Personen im Landkreis . 12715.2Prognose des Bedarfs an Pflegeleistungen bis zum Jahr 2028 . 12915.3Perspektiven der Bedarfsdeckung. 13115.3.1„Status-quo“-Variante . 13215.3.2Variante „ambulant vor stationär“ . 135v
15.4Demenzkranke Personen .13815.5Fazit .14016.Fazit, Umsetzungsperspektiven und Ausblick .143vi
DarstellungsverzeichnisDarstellung 1-1:Versorgungsregionen in der Altenhilfe im LandkreisSchweinfurt .3Darstellung 3-1:Entwicklung der Bevölkerung im LandkreisSchweinfurt (heutiger Gebietsstand).9Darstellung 3-2:Entwicklung der älteren Bevölkerung im LandkreisSchweinfurt, 1988–2028 mit Wanderungen, 2008 100% . 12Darstellung 3-3:Entwicklung altenhilferelevanter Altersgruppen imLandkreis Schweinfurt 2008–2033, Modell mitWanderungen, absolut und in Prozent . 13Darstellung 3-4:(Prognostizierte) Entwicklung der Geburten-/ Sterbefallüberschüsse im Landkreis Schweinfurt, 1990–2026 . 14Darstellung 3-5:Anteil der 60-Jährigen u. ä. an allen Einwohnern in %. 15Darstellung 3-6:Veränderung der 60 bis unter 80-Jährigen von 2008bis 2018 (mit Wanderung); 2008 100%. 16Darstellung 3-7:Veränderung der 80-Jährigen u. ä. von 2008 bis 2018(mit Wanderung); 2008 100% . 17Darstellung 4-1:Mangel an Versorgungsangeboten ausSicht der älteren Bürger. 21Darstellung 4-2:Wahl der Verkehrsmittel nach Zielorten in Prozent . 23Darstellung 5-1:Wohndauer in der Gemeinde . 28Darstellung 5-2:Wohnsituation . 28Darstellung 5-3:Erreichbarkeit der Wohnung . 29Darstellung 5-4:Überlegungen zu künftigem Wohnen . 30Darstellung 5-5:Vorstellbare Wohnalternativen . 31Darstellung 5-6:Essen auf Rädern wird im Landkreis Schweinfurtvon folgenden Einrichtungen angeboten . 38Darstellung 5-7:Hausnotruf wird im Landkreis Schweinfurtvon folgenden Einrichtungen angeboten . 39Darstellung 5-8:Unterstützung im Haushalt . 40Darstellung 5-9:Familiäre Situation (Kinder) und Wohnort der Kinder . 41Darstellung 5-10:Unterstützung durch Kinder. 42Darstellung 6-1:Informationsquellen älterer Bürgerinnen und Bürger . 49Darstellung 7-1:Ambulante Dienste im Landkreis undder Stadt Schweinfurt. 55Darstellung 7-2:Anzahl der Kunden. 56vii
Darstellung 7-3:Altersverteilung der Kunden ambulanter Diensteim Landkreis Schweinfurt . 57Darstellung 7-4:Geschlechterverteilung der Kunden ambulanterDienste im Landkreis Schweinfurt . 58Darstellung 7-5:Pflegestufen der Kunden ambulanter Pflegediensteim Landkreis Schweinfurt . 59Darstellung 7-6:Regionale Herkunft der Kunden von ambulantenEinrichtungen nach Altersstufen . 60Darstellung 7-7:Zusätzliche Leistungen der ambulanten Pflegediensteim Landkreis Schweinfurt . 60Darstellung 7-8:Geplante Angebotsveränderungen . 61Darstellung 7-9:Pflegepersonal nach Anzahl der Personenund Vollzeitstellen . 62Darstellung 7-10:Altersverteilung im Vergleich ambulant –stationär Landkreis Schweinfurt. 65Darstellung 7-11:Entwicklung der Zahl der Empfänger/innen vonPflegeversicherungsleistungen nach Art der Leistungim Landkreis Schweinfurt 1999-2007 . 66Darstellung 7-12:Inanspruchnahme von Pflegeleistungen nach Artder Leistung Ende 2007, Vergleich Bayern –Region Schweinfurt. 67Darstellung 7-13:Angebote der Kurzzeitpflege und Belegung . 68Darstellung 7-14:Anzahl der Kurzzeitpflegegäste vonJanuar bis Dezember 2007 . 69Darstellung 7-15:Anzahl der Anfragen von Kurzzeitpflegegästeninnerhalb der letzten vier Wochen vor dem Stichtag . 70Darstellung 7-16:Pflegestatistik Landkreis Schweinfurt, 2004-2008in Zweijahresschritten. 73Darstellung 7-17:Befragung der vollstationären Einrichtungen derAltenhilfe im Landkreis Schweinfurt. 74Darstellung 7-18:Vorhandene Plätze in der stationären Dauerpflege,darunter Gerontopsychiatrie und eingestreuteKurzzeitpflegeplätze. 75Darstellung 7-19:Bewohner der stationären Einrichtungen im LandkreisSchweinfurt nach früherem Wohnort und Altersklassen . 76Darstellung 7-20:Altersstruktur der Heimbewohner/innen. 77Darstellung 7-21:Herkunft der Heimbewohner/innen . 77Darstellung 7-22:Pflegestufen der Bewohner/innen . 78Darstellung 7-23:Pflegestufen der Bewohner/innen stationärer Einrichtungenin Bayern und im Landkreis Schweinfurt, 2007 . 79viii
Darstellung 7-24:Verweildauer der Bewohner/innen . 79Darstellung 7-25:Erfahrungen mit Pflege und/oder Betreuung . 80Darstellung 7-26:Pflegepersonen. 81Darstellung 7-27:Pflegestufen . 82Darstellung 7-28:Benutzung von Hilfsmitteln. 82Darstellung 7-29:Unterstützung durch Kinder. 84Darstellung 8-1:Betreuungsgruppen. 91Darstellung 8-2:Besuchsdienste (nicht anerkannt nach SGB XI, § 45) . 91Darstellung 8-3:Angehörigengruppen . 91Darstellung 10-1:Angebote für Senioren in den jeweiligen Gemeinden . 101Darstellung 10-2:Unterstützung der Seniorenarbeit von Gemeinden imRahmen freiwilliger sozialer Leistungen . 102Darstellung 10-3:Programmangebote der Offenen Altenhilfe für Senioren. 103Darstellung 10-4:Fahrdienste im Landkreis (mit Angabe der Nutzer) . 104Darstellung 10-5:Fahrdienste im Landkreis (ohne Nutzerangabe) . 105Darstellung 10-6:Fahrdienste im Landkreis Schweinfurt II. 106Darstellung 11-1:Hilfeleistung im Alltag. 109Darstellung 11-2:Art der Hilfen . 110Darstellung 11-3:Ehrenamtliches Engagement von Bürgerinnenund Bürgern. 111Darstellung 12-1:Schätzung der Zahl an Demenz erkrankter Personenab 60 Jahren im Landkreis Schweinfurt 2007-2028 auf der Basis von GKV-Prävalenzraten . 114Darstellung 14-1:Ausreichende Angebote? . 124Darstellung 15-1:Pflegebedürftige Leistungsempfänger/innen imLandkreis Schweinfurt 2003-2007 . 127Darstellung 15-2:Leistungsempfänger/innen 2007 nachLeistungsart in Prozent . 128Darstellung 15-3:Inanspruchnahme von Pflegeleistungen nachArt der Leistung Ende 2007, Vergleich Stadtund Landkreis Schweinfurt . 128Darstellung 15-4:Alters- und geschlechtsbereinigte Inanspruchnahmequoten von Leistungen der Pflegeversicherung imVergleich zu Bayern nach Leistungsarten, Ende 2007 . 129Darstellung 15-5:Schätzung des Bedarfs an Pflegeleistungen (alleLeistungsarten) im Landkreis Schweinfurt 2007-2028,auf der Basis regionaler Inanspruchnahmequoten. 131ix
Darstellung 15-6:Schätzung des Bedarfs an ambulanter und teilstationärerPflege im Landkreis Schweinfurt 2007-2028, auf der Basisregionaler Inanspruchnahmequoten . 132Darstellung 15-7:Schätzung des Bedarfs an vollstationärer Pflege imLandkreis Schweinfurt 2007-2028, auf der Basisregionaler Inanspruchnahmequoten . 133Darstellung 15-8:Schätzung der Zahl der Pflegegeldempfänger/innenim Landkreis Schweinfurt 2007-2028, auf derBasis regionaler Inanspruchnahmequoten . 134Darstellung 15-9:Wahl der Versorgungsart 2005/2007 . 135Darstellung 15-10:Versorgung der zusätzlichen Pflegebedürftigen . 136Darstellung 15-11:Alle pflegebedürftigen Personen(ohne teilstationäres Angebot) . 136Darstellung 15-12:Mögliche Verteilung der Leistungsempfänger 2019 . 137Darstellung 15-13:Anteil an Demenz Erkrankter an den jeweiligenAltersgruppen in Westdeutschland im Jahr 2002 . 138Darstellung 15-14:Schätzung der Zahl an Demenz Erkrankter imLandkreis Schweinfurt 2007-2028, auf der Basisvon GKV-Prävalenzraten. 139Darstellung 15-15:Entscheidungsfeld „ambulant / stationär“. 140x
VorwortWeniger Kinder, mehr Seniorinnen und Senioren undWanderungsbewegungen verändern das Gesicht derStädte und Gemeinden – vor allem auch im ländlichenRaum. Vor dem Hintergrund einer alternden Gesellschaft – bis zum Jahr 2028 wird für den LandkreisSchweinfurt eine Zunahme der über 65-Jährigen vonrund 40% prognostiziert – gibt es in vielen Orten bereits zahlreiche gute Ideen und Projekte für Familien-,Kinder- und auch Seniorenfreundlichkeit.Das ist auch unbedingt notwendig, denn unser Hauptaugenmerk muss verstärkt aufeiner Weiterentwicklung der Attraktivität unseres Landkreises liegen. Gerade imländlichen Raum müssen Konzepte erarbeitet werden, um der kontinuierlichen Bevölkerungsabnahme – minus 6,5% in den nächsten 20 Jahren werden für denLandkreis vorausgesagt – entgegenzuwirken und Zuzüge in unsere Region zu fördern. Schließlich ist unser Landkreis bestens aufgestellt: Seit Jahren eine sehr niedrige Arbeitslosenquote, eine stets wachsende Zahl an Arbeitsplätzen, günstige Lebenshaltungskosten, ein hervorragendes Netz an Infrastruktur, Kultur, Natur undFreizeiteinrichtungen.Eine wichtige Voraussetzung für die Weiterentwicklung des Landkreises Schweinfurtist die stetige Verbesserung der Lebensbedingungen für Jung und Alt. Dazu gehörenBildungseinrichtungen und Kinderbetreuungsmöglichkeiten genauso wie der Blickauf eine zunehmend älter werdende Gesellschaft mit ihren spezifischen Bedürfnissen. Der Landkreis Schweinfurt hat sich rechtzeitig den Herausforderungen diesesgesellschaftlichen Wandels gestellt und beispielsweise die Initiative Familienorientierte Personalpolitik oder den Aktivkreis der örtlichen Seniorenbeauftragten initiiertsowie bereits 2003 eine umfangreiche Sozialraumanalyse erstellt.Aktuell hat der Landkreis Schweinfurt unter Federführung des Amtes für Sozialesund in Zusammenarbeit mit den beiden Instituten der ARGE Sozialplanung in Bayern dieses – nun vorliegende – integrative regionale Seniorenpolitische Gesamtkonzept erstellt, das als Grundlage für die zukünftige Seniorenarbeit im Landkreis dienen soll.xi
An der Erstellung dieses Konzepts haben wir bewusst ein breites Spektrum an Fachleuten aus den Bereichen Pflege und Seniorenarbeit beteiligt. Gleichzeitig wurdeauch die Bevölkerung direkt mit eingebunden, um den Wünschen und Bedürfnissender Betroffenen möglichst weitgehend gerecht zu werden. Mittels Fragebögen undeiner beachtlich hohen Rücklaufquote haben viele ältere Bürgerinnen und Bürger andiesem Seniorenpolitischen Gesamtkonzept mitgearbeitet. Hierfür möchte ich allenBeteiligten meinen herzlichen Dank aussprechen.Mit dem vorliegenden Konzept soll nicht nur ungedeckter Bedarf erkannt und Möglichkeiten zur Problemlösung aufgezeigt werden, sondern ebenso die bereits vielfältig existierenden guten Beispiele in den einzelnen Gemeinden landkreisweit bekanntgemacht und im Sinne eines Best-Practice-Ansatzes zur Nachahmung empfohlenwerden.Das Konzept beschränkt sich dabei nicht auf den Bereich der Betreuung und Pflege,sondern bezieht sämtliche Lebensbereiche unserer älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger mit ein, insbesondere sind hier die Bereiche Wohnen zu Hause, Hilfen fürpflegende Angehörige sowie die Orts- und Entwicklungsplanung mit all ihren Facetten inklusive der Versorgungssituation vor Ort zu nennen.Bei der Umsetzung der vielfältigen anstehenden Aufgaben ist der Landkreis maßgeblich auf die Mitwirkung und Unterstützung unserer 29 Landkreisgemeinden, derWohlfahrtsverbände, der Träger der offenen Seniorenarbeit und nicht zuletzt auchauf das ehrenamtliche Engagement unserer Bürgerinnen und Bürger angewiesen.Ich möchte daher alle in diesem Bereich Tätigen ausdrücklich ermuntern, zusammen mit dem Landkreis an der Umsetzung des Seniorenpolitischen Konzepts mitzuarbeiten, um so unseren älteren Mitbürgerinnen und Mitbürgern Möglichkeiten zueröffnen, möglichst lange in ihrem gewohnten, vertrauten Lebensumfeld bleiben zukönnen.Harald LeithererLandratxii
KurzfassungZiel des Seniorenpolitischen Gesamtkonzeptes für den Landkreis Schweinfurt ist dieAnalyse der derzeitigen Versorgungssituation älterer Bürgerinnen und Bürger imLandkreis und darauf aufbauend eine Einschätzung der künftigen Entwicklungen. ElfHandlungsfelder wurden unterschieden, dabei wurde der Schwerpunkt auf fünfHandlungsfelder gelegt. Dies waren: Integrierte Orts- und Entwicklungsplanung; Wohnen zu Hause; Beratung, Information und Öffentlichkeitsarbeit; Betreuung und Pflege; Unterstützung pflegender Angehöriger.Wir haben in Zusammenarbeit mit den örtlichen Expertinnen und Experten für dieHandlungsfelder eine Reihe von Maßnahmen entwickelt und diskutiert, die geeignetsind, die Leitziele des Art. 69 AGSG sowie die Leitlinien für die Seniorenarbeit undSeniorenpolitik zu unterstützen. Für das Seniorenpolitische Gesamtkonzept habenwir insgesamt vor allem folgende Quellen zugrunde gelegt: Bestandserhebungen bei den Einrichtungen und Diensten, die inder Seniorenarbeit tätig sind; Schriftliche Befragung von rund 5.000 älteren Bürgerinnen und Bürgern; Workshop mit regionalen Expertinnen und Experten; Schriftliche Befragung der kreisangehörigen Kommunen.Bei der Orts- und Entwicklungsplanung erhielten wir wertvolle Hinweise von denkreisangehörigen Kommunen und den Bürgerinnen und Bürgern. Deutlich zeigtesich, wie wichtig der Erhalt der Nahversorgungseinrichtungen in den Gemeinden ist.Dies kann nicht vom Mobilitätsverhalten älterer Menschen gesondert betrachtetwerden. Hier sind es das Auto und das Fahrrad, die größere Distanzen zu überwinden helfen. Wenn hierauf nicht (mehr) zurückgegriffen werden kann, sind es Angehörige und auch Fahrdienste, die doch sehr umfänglich zur Verfügung stehen.Die meisten Älteren (80 Prozent) leben nicht alleine im Haushalt, und immerhinrund ein Viertel kann bereits barrierefrei seine Wohnung / sein Haus erreichen.Rund 85 Prozent der Befragten haben innerhalb ihres Hauses / ihrer Wohnung keinexiii
Schwierigkeiten und kommen gegenwärtig im Großen und Ganzen gut zurecht. Entsprechend möchte mehr als jeder Zweite weiterhin in seiner Wohnung leben. Dennoch denkt eine zunehmende Zahl Älterer (in der Befragung rund ein Drittel) überandere Wohnformen nach, sollte das Wohnen bleiben zuhause zunehmend schwieriger werden. Bei dieser Überlegung werden unterschiedliche Vorstellungen derBürgerinnen und Bürger deutlich: Diese reichen von einer barrierefreien Wohnungmit und ohne Betreuung und Pflege bis hin zu Wohngemeinschaften und generationsübergreifendem Wohnen.Um zu Hause wohnen bleiben zu können, stehen bereits jetzt den Bürgerinnen undBürgern neben den Angehörigen zahlreiche professionelle Hilfen zur Verfügung, wieu.a. Mahlzeitendienste, Hausnotrufanbieter, Haushaltshilfen, Fahrdienste. Dies zuunterstützen und fördern muss eines der zentralen Ziele sein, damit auch künftigdie Bürgerinnen und Bürger zu Hause wohnen bleiben können.Auch bei den Beratungsangeboten wird sich durch die Fachstelle für pflegende Angehörige (die am 1. Januar 2009 ihre Arbeit aufgenommen hat) das Angebot weiterverbessern. Dennoch sind regionale Ansprechpartner in den Gemeinden eine unverzichtbare Hilfe für Rat suchende Bürgerinnen und Bürger. Dies gilt es künftig weiterauszubauen.Zur Unterstützung pflegender Angehöriger stehen neben der bereits erwähntenFachstelle zwar Entlastungsangebote zur Verfügung, wie z.B. Besuchsdienste, Angehörigengruppen, Gesprächskreise und Nachbarschaftshilfen. Hier ist allerdings einweiterer Handlungsbedarf gegeben und zwar in Richtung Information / Aufklärungund alltagspraktischen Entlastungsmöglichkeiten.Betreuung und Pflege wird schon alleine aufgrund der demographischen Entwicklung ein „Zukunftsthema“ bleiben. Aufgrund der demographischen Entwicklung werden die Pflegebedürftigen von derzeit rund 2.500 Personen auf rund 3.800 Personen im Jahr 2028 zunehmen. Die Sicherstellung der Versorgung der „zusätzlichen“1.300 Älteren, ist eine der größten Herausforderungen des Seniorenpolitischen Gesamtkonzeptes. Dabei soll das bisherige Inanspruchnahmeverhalten, die Bevorzugung von Geldleistungen und von ambulanten Diensten weiterhin unterstützt werden. Die Pflegestatistik zeigt, dass „neue Pflegekunden“ zwischen den Jahren 2005und 2007 nur zu rund 16 Prozent einen stationären Pflegeplatz nachfragten, diemeisten jedoch die Geldleistung bevorzugten. Dahinter verbirgt sich der nach wievor prägende Wunsch, solange wie möglich zu Hause wohnen bleiben zu können.Wenn es dem Landkreis Schweinfurt gelingt, die schon vorhandenen Unter-xiv
stützungsleistungen zu stabilisieren und weiter auszubauen, dann ist ein weitererAusbau der stationären Pflegeplätze um nur rund 140 Plätze bis zum Jahr 2019 notwendig und weitere 75 Plätze bis zum Jahr 2028.xv
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1.Einleitung1.1Gesetzliche und weitere GrundlagenDas seit 01. Januar 2007 in Kraft getretene „Gesetz zur Ausführung der Sozialgesetze (AGSG)“ hat zweifelsohne weit reichende Konsequenzen für den Bereich derAltenhilfe und Altenpflege. Es hat – wie der Art. 69, Abs. 2 deutlich macht – auchzu einer Aufgabenerweiterung des örtlich zuständigen Trägers der Altenhilfe geführt: „Die Bedarfsermittlung ist Bestandteil eines integrativen, regionalen seniorenpolitischen Gesamtkonzepts, das nach dem Grundsatz „ambulant vor stationär“die Lebenswelt älterer Menschen mit den notwendigen Versorgungsstrukturen sowieneue Wohn- und Pflegeformen für ältere und pflegebedürftige Menschen im ambulanten Bereich umfasst“. Die bisherige Bedarfsermittlung ist somit – neben anderem – nur mehr ein Bestandteil der Bedarfsermittlung und des Gesamtkonzepts.In der Begründung zu Art. 69 AGSG heißt es:„Während Art. 69 Abs. 1 unverändert dem bisherigen Art. 3 des Ausführungsgesetzes zum Pflegeversicherungsgesetz (AGPflegeVG) entspricht, ist Abs. 2 neu.Vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung und der Zunahme der Zahlälterer und pflegebedürftiger Menschen ist es notwendig, im Rahmen eines regionalen Gesamtkonzeptes die gesellschaftliche Teilhabe älterer Menschen zu stärken,Bildung und Bürgerschaftliches Engagement von und für Senioren zu fördern, dieBereiche Wohnen und Wohnumfeld den Bedürfnissen älterer Menschen anzupassen,die geriatrischen und gerontopsychiatrischen, pflegerischen und hospizlichen Versorgungsangebote zu verzahnen und neue Wohn- und Pflegeformen für ältere undpflegebedürftige Menschen zu entwickeln. Dies entspricht dem Beschluss des Bayerischen Landtages vom 11. November 2004 (LT-Drs. 15/1997) und trägt zur Erhaltung eines möglichst langen selbstbestimmten und eigenverantwortlichen Lebens inder eigenen Häuslichkeit und zur Vermeidung von Pflegebedürftigkeit bei“.Zielsetzung eines regionalen, integrativen Seniorenpolitischen Gesamtkonzepts(SPGK) ist es, den Grundsatz „ambulant vor stationär“ konsequent umzusetzen unddamit zur Erhaltung eines möglichst lange selbst bestimmten und eigenverantwortlichen Lebens in der eigenen Häuslichkeit und zur Vermeidung von Pflegebedürftigkeit beizutragen.Im Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie
Darstellung 5-6: Essen auf Rädern wird im Landkreis Schweinfurt von folgenden Einrichtungen angeboten.38 Darstellung 5-7: Hausnotruf wird im Landkreis Schweinfurt . Landkreis Schweinfurt 2007-2028, auf der Basis regionaler Inanspruchnahmequoten. 133 Darstellung 1