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PROTHETIK & DIGITALE TECHNOLOGIEN IN DER PRAXISwww.teamwork-media.de I Sonderdruck PRÄSENTIERT VON MECTRONTherapie & ProthetikAutologe Alternative
THERAPIE & PROTHETIK I FOKUSFokusthemaImplantologie &ImplantatprothetikHerstellung von PRF gemäß des Low-Speed Centrifugation Concept (LSCC)zur Knochen- und WeichgeweberegenerationAutologe AlternativeDiesen Artikel mit Literatur listeund weitere Beiträge zumThema finden Sie auch unterpi.dental-online-channel.com/implantologieEin Beitrag von Prof. Dr. Dr. Dr. Shahram Ghanaati und Sarah Al-MaawiDas plättchenreiche Fibrin (PRF) ist ein Blutkonzentratsystem, das ohne Zugabe von Antikoagulantien aus dem zentrifugierten peripheren Blut des Patienten hergestellt wird. Das Low-Speed Centrifugation Concept (LSCC) ermöglicht durch die Reduktion der angewendeten Zentrifugalkraft die Herstellungvon sowohl soliden als auch flüssigen PRF-Matrizen. Diese bestehen aus einemFibringerüst mit einer konzentrierten Anzahl an Leuko zyten, Thrombozytenund ihren Wachstumsfaktoren. Diese Komponenten sind Schlüsselelementeder Wundheilung und der Regeneration. PRF zeichnet sich durch die einfacheHandhabung und eine minimalinvasive, zeitsparende Herstellungstechnik aus,die sehr gut in die alltägliche klinische Anwendung integriert werden kann.Indizes: Platelet-Rich Fibrin (PRF), Low-Speed Centrifugation Concept(LSCC), A-PRF (Advanced Platelet-Rich Fibrin), i-PRF (Injectable PlateletRich Fibrin), RegenerationFragen zum VerfahrenWie soll das plättchenreiche Fibrin (PRF) die Regenerationunterstützen?Wie unterscheidet sich das PRFvon anderen Blutkonzentrat systemen?2 teamwork 3/2018Prof. Dr. Dr. Dr. Sharam Ghanaati: PRF ist ein bioaktives autologes Blutkonzentrat, bestehend aus Leukozyten, Thrombozyten, Wachstumsfaktoren und Plasmaproteinen eingebettetin einem Fibringerüst. Diese Komponenten spielen in physiologischer Weise eine wichtigeRolle in der Wundheilung und im Regenerationsprozess. Durch die Applikation von PRF alsautologes Transplantat werden dem Körper wichtige regenerative Zellen und Biomolekülezur Verfügung gestellt, sodass die Zellrekrutierung und Akkumulation nicht abgewartetwerden muss. Somit können die Phasen der Wundheilung parallel nebeneinander und nicht,wie üblich, nacheinander ablaufen.Anders als andere Blutkonzentratsysteme, wie das plättchenreiche Plasma (PRP) oderder Plasma Rich Growth Factor (PRGF), ist PRF ein 100 %ig autologes System, weil es aufjegliche chemische oder xenogene Zusätze verzichtet. Des Weiteren unterscheiden sichdie biologischen Zusammensetzungen der unterschiedlichen Blutkonzentrate. PRP undPRGF sind auf den Nutzen freigesetzter Wachstumsfaktoren fokussiert. PRF-Matrizes,die gemäß dem LSCC hergestellt werden, beinhalten zusätzlich zum Plasma eine hochkonzentrierte Anzahl an Thrombozyten und Leukozyten, die die Bioaktivität des PRFs imSinne einer Wachstumsfaktorfreisetzung und einer Zell-Zell-Kommunikation signifikantsteigern. Technisch stellt PRF ein zeitsparendes und klinisch anwendbares Konzept dar.Die Herstellung des soliden oder flüssigen PRF bedarf einer einmaligen Zentrifugation,während die Herstellung der PRP einer zweistufigen Zentrifugation bedarf.
FOKUS I THERAPIE & PROTHETIKEinführungDas Ziel der regenerativen Medizin istdie Wiederherstellung und Heilung dererkrankten beziehungsweise zerstörtenGewebe [18].Intraorale Weichgewebe- und Knochendefekte weisen eine unterschiedlicheEpidemiologie auf. Unabhängig davon,ob durch Trauma, Zahnverlust oderTumorresektion entstanden, müssenWeichgewebe- und Knochendefekteerst rekonstruiert werden, bevor eineWiederherstellung der Kaufunktionmöglich wird [14]. Deshalb stellt diepräimplantologische Knochen- beziehungsweise Weichgewebsaugmentationdie Haupt indikation in der Oralchirurgiebeziehungsweise Mund-, Kiefer-, undGesichts chi rurgie für die Anwendungregenerativer Maßnahmen dar [3]. Fürdiese Indikationen sind bislang auto logeTransplantate aufgrund ihrer hohen Bioaktivität und des ausgeprägten Regenerationspotenzials nach wie vor als Goldstandard anzusehen [4]. Die Entnahmevon autologen Knochenblöcken kann miteiner hohen Morbidität der Patienteneinher gehen [24].Um die Patientenmorbidität zu minimieren, wurden minimalinvasive Verfahrenentwickelt, die aus dem peripheren Bluthergestellt werden können [25]. DieseSysteme sollen nicht-autologen Biomaterialien bei der Entfaltung ihrer Funktionals Haut- und Knochenersatzmaterialienunterstützen.Die Blutkonzentratsysteme basierengemeinsam auf dem Prinzip der Zentrifugation zur Trennung beziehungsweiseKonzentration der Blutbestandteile. Allerdings existieren unterschiedliche Systeme, die sich sowohl im Herstellungsprozess als auch in ihrer Zusammensetzungunterscheiden (Abb. 1). Das plättchenreiche Plasma (Platelet-Rich Plasma PRP)bedarf mehrmaliger Zentrifugationenund der Anwendung von externen Zusätzen, die die Koagulationskaskade beeinflussen [2]. Dabei wird die Koagulationskaskade zunächst gehemmt und nachTrennung in die einzelnen Bestandteilewieder aktiviert. Zeitgleich wurde einweiteres System, das Plasma Rich GrowthFactors (PRGF) vor gestellt [4], das vor1 Darstellung der Zusammensetzung vonPRGF, PRP, PRFallem den Nutzen von Wachstumsfaktoren aus dem peripheren Blut hervorhebt.Ähnlich wie beim PRP bedarf die Herstellung des PRGFs ebenfalls der Zugabe vonexternen Zusätzen. Beide Systeme habenseit ihrer Einführung viele Anwendungenin unterschiedlichen medizinischen undzahnmedizinischen Bereichen gefunden.Allerdings wird die Herstellung dieserSysteme aufgrund der mehrmaligen Zentrifugation und der externen Zusätze alszeitaufwendig und techniksensitiv empfunden.2001 stellten Choukroun et al. das plättchenreiche Fibrin (Platelet-Rich Fibrin PRF) als ein 100 % ig autologes Systemvor (Tab. 1) [12]. Durch die Weiterentwicklung des Herstellungsprozesses wares zum ersten Mal möglich, ohne dieZugabe von externen Chemikalien einvoll autologes solides beziehungsweiseflüssiges Blutkonzentrat zu generieren.Die Herstellung des PRFs bedarf nur eines einzigen Zentrifugationsschritts. PRFbesteht aus Plasmaproteinen, Thrombozyten, Leukozyten und deren Wachstumsfaktoren, eingebettet in einer Fibrinmatrix. Sehr bald nach seiner Einführungfand PRF Anwendung in vielen IndikatiSystemZentrifugationonsbereichen der regenerativen Medizinund Zahnmedizin. Das ursprünglichePRF-Protokoll (L-PRF) wurde mit einerhohen Zentrifugalkraft hergestellt [6].Dadurch wurde die zelluläre Phase in demunteren Bereich der Fibrinmatrix akkumuliert. Mittels aufeinander aufbauenderForschungsarbeiten aus der Arbeitsgruppe der Autoren sowie systematischerProtokollmodifikationen konnte PRFweiterentwickelt werden [7,8,12,15,23].Entsprechend ist es heute möglich, diekonzentrierten Thrombozyten und Leukozyten homogen in der gewonnen Fibrinmatrix zu verteilen und sowohl solideals auch flüssige PRF-Matrizes in einemZentrifugationsvorgang zu generieren [7].Dieser Beitrag soll die Herstellungsschritte des soliden und des flüssigen PRFserläutern und die technischen Aspektestep-by-step darstellen.Grundlagen der Wundheilungund der GeweberegenerationDie Wundheilung läuft in drei Phasen ab(Inflammation, Proliferation, Regeneration), in denen a) das zerstörte Gewebeabgeräumt wird, b) Zellen wie Thrombozyten und Leukozyten akkumulieren unddadurch c) weitere Zellen wie Fibroblasten und Osteoblasten alarmiert werden,in das betroffene Gewebe zu migrierenund den Defekt zu regenerieren [13]. Indiesem Rahmen laufen eine Vielzahl ankomplizierten Kaskaden ab, die durchunterschiedliche Signalmoleküle wieWachstumsfaktoren und Zytokine reguliert werden [13]. Diese werden vonden Thrombozyten und den Leukozytenfreigesetzt und regulieren die Zell-ZellKommunikation. Zentrale Wachstumsfaktoren in der Wundheilung sind Vascu lar Endothelial Growth Factor (VEGF),Epidermal Growth F actor (EGF),AntikoagulationKonsistenz direkt nach der nFlüssig oder fest (je nach Protokoll)Tab. 1 Gegenüberstellung der Blutkonzentratsystemeteamwork 3/2018 3
THERAPIE & PROTHETIK I FOKUS latelet-Derived Growth Factor (PDGF)Pund Transforming Growth Factor Beta(TGF‑ß1). Diese Wachstumsfaktorenregulieren die Angiogenese und Vaskularisierung (VEGF, PDGF)[16], die Epithelialisierung (EGF)[9] und die Rekrutierung weiterer Zellen wie Fibroblastenund Osteoblasten (TGF-ß)[16].Bei der Herstellung des PRF werden dieregenerativen Komponenten des peripheren Blutes, also Thrombozyten, Leukozyten und Plasmaproteine, durch dieZentrifugation des Blutes von den rotenBlutzellen getrennt [7]. Dadurch wirdeine Anreicherung der Fibrinmatrix mitbioaktiven Zellen erreicht, die essenziell für die Wundheilung sind. Fernerbefinden sich die PRF-Komponenten ineinem voll funktionsfähigen und physiologischen Zustand, da sie nicht zusätzlichmit Antikoagulantien beeinflusst werden.Präklinische Studien haben gezeigt, dassdas PRF in der Lage ist, wesentlicheWachstumsfaktoren (VEGF, EGF, TGF‑ß,PDGF) in hohen Konzentrationen freizusetzen. Damit konnte gezeigt werden,dass die in vivo-Vaskularisierung und dieAktivität der Fibroblasten, Endothel ProtokollUpMRCFZeitSolides PRF (A-PRF )1300208 g8 minFlüssiges PRF (i-PRF)70060 g3 minGleichzeitige Herstellung dessoliden und flüssigen PRF1200177 g8 minTab. 2 Zentrifugationsprotokolle gemäß des Low Speed Centrifugation Concept LSCCzellen, Chondrozyten und Osteoblastennach der Behandlung mit PRF signifikantverbessert wurden [1,22,21].Die Applikation von PRF in einem klinischen Szenario kann als eine Art zellreiches und bioaktives körpereigenes Transplantat betrachtet werden. Dieses stelltdem Körper alle nötigen Komponentender Wundheilung (Thrombozyten, Leukozyten und Wachstumsfaktoren) in einer konzentrierten Form zur Verfügung.Dadurch muss keine Akkumulation derinflammatorischen Zellen (Thrombo zyten und Leukozyten) mehr abgewartet werden. Stattdessen können die Phasen der Wundheilung parallel laufen.02030405Dies unterstützt und beschleunigt den Regenerationsprozess.PRF und das Low-Speed Centrifugation Concept (LSCC)Die Zentrifugation ist ein Trennverfahren, das auf Applikation der relativenZentrifugalkraft (RCF) in einem künstlichen Zentrifugalkraftfeld basiert. Hierbeikönnen die sich in einer Suspension (Gemisch von flüssigen und festen Bestandteilen, zum Beispiel das Blut) befindlichen Zellen und Biomoleküle abhängigvon ihrer Größe, Form, Gewicht undDichte separiert werden. Die Höhe der062 Butterflysystem für die Blutentnahme in PRF-Röhrchen I 3 Ausrichtung der Butterflynadel bei der Punktion I 4 Illustration der Punktions richtung I 5 Erfolgreiche Punktion I 6 PRF-Röhrchen für die Herstellung des soliden (rot) und flüssigen (orange) PRF4 teamwork 3/2018
FOKUS I THERAPIE & PROTHETIKapplizierten RCF ist für die resultierende Konzentration der getrennten Zellenund Biomoleküle entscheidend. Fernerspielt die Zentrifugationszeit eine wichtige Rolle [7].Für die Herstellung aller Blutkonzentratewurden Präparationsprotokolle etabliert,die die Zentrifugation als Hauptkonzeptverwenden. Dabei werden, je nach System, unterschiedliche, aber eher sehrhohe RCF verwendet. Außerdem zeigendiese Protokolle keine Systematik undsind deshalb schwer zu untersuchen beziehungsweise zu vergleichen.Die Einführung des Low-Speed Centrifugation Concept (LSCC) hat erstmaligsystematische Zentrifugationsprotokolledefiniert, die den Einfluss der RCF auf dieZusammensetzung des PRFs definieren(Tab. 2) [7,12,23]. Das LSCC besagt, dassdurch die Reduktion der verwendetenRCF die Blutkonzentrate (PRF) mit Zellen (Thrombozyten und Leukozyten) angereichert werden können, was zu einersignifikanten Erhöhung der Bioaktivitätin den PRF-Matrizen führt [7]. Durch dieexakt aufeinander abgestimmte Zentrifugationszeit und RCF ist es mit diesen Protokollen möglich, sowohl solide als auchinjizierbare PRF-Matrizen herzustellen.Die angewendete RCF beeinflusst alsozusätzlich die Qualität der resultierten Fibrinmatrix in den soliden PRF-Matrizenbeziehungsweise die Menge des flüssigenPRFs [9,13].In diesem Zusammenhang konnte inzahlreichen präklinischen Studien gezeigt werden, dass sowohl solide alsauch flüssige PRF-Matrizen, die mittelseiner niedrigen RCF hergestellt wurden,eine signifikant höhere Konzentration anThrombozyten und Leukozyten im Vergleich zu PRF-Matrizen haben, die mittelshoher RCF hergestellt werden. Zusätzlichwar die Freisetzung der Wachstumsfaktoren im Verlauf von zehn Tagen in denPRF-Matrizen, die mittels einer niedrigen RCF hergestellt wurden, signifikanthöher [8,10,3].Allerdings existieren bis dato keine klinischen Studien, die belegen können, welcheKonzentration von Wachstumsfaktorenfür welche Indikationen notwendig ist.Durch die Systematisierung der Anwendungsprotokolle geben erste Ergebnisseder laufenden klinischen Studien Hinweise auf die Überlegenheit der Anwendungeiner niedrigen RCF für bestimmte Indikationen in der Zahnmedizin.PRF-Präparation Step-By-StepIm Folgenden wird auf die technischenAspekte der PRF-Präparation von derBlutentnahme bis zur Applikation eingegangen.BlutentnahmeNach adäquater Patientenaufklärung undVorbereitung wird das periphere Blut entnommen und prozessiert.Die Blutentnahme aus den peripherenVenen ist eine weit verbreitete Routinemethode vor allem für diagnostischeZwecke. Vor der Punktion soll zunächstdie anatomische Lage der peripherenVenen begutachtet werden, um eine geeignete Punktionsstelle zu finden. In derRegel eignet sich die Vena mediana cubiti,die sich in der Ellenbeuge befindet, sehrgut für die Blutentnahme. Sie verbindetzwei oberflächliche Venen (Vena cephalica und Vena basilica) und besitzt deshalbausreichender Größe.Nachdem eine geeignete Vene gefunden wurde, wird der Stauschlauch zirka5 cm oberhalb der Punktionsstelle angebracht. Die Punktionsstelle muss miteinem Haut antiseptikum desinfiziertwerden. Hierbei sind die Einwirkzeitengemäß Herstellerangaben unbedingt zubeachten.Die Verbindungen des Butterflysystemssollten zur Sicherheit vor der Anwendung überprüft werden (Abb. 2). DieÖffnung der Butterflynadel und der Nadelschliff sollten bei der Punktion nachoben zeigen (Abb. 3). In einem Winkelvon etwa 30 zur Hautoberfläche wirddie Butterflynadel in die Vene eingeführt. Sobald die Vene erreicht wurde,muss der Winkel abgeflacht werden,um ein Durchstechen der Vene zu vermeiden (Abb. 4). Der Erfolg der Punktion zeigt sich in der Blutfüllung imSchlauch der Butterfly-Kanüle (Abb. 5).Anschließend wird das PRF-Röhrchenangeschlossen. Dieses besitzt ein internes Vakuumsystem, das die entnommeneBlutmenge (10 ml) bestimmt. Die PRFRöhrchen enthalten keine chemischenZusätze (Antikoagulantien). Deshalb istes nicht erforderlich, die Röhrchen nachder Befüllung zu schütteln oder zu homogenisieren. Wenn das Röhrchen dieFüllmenge erreicht hat, stoppt die Blutzufuhr, da das Vakuum aufgebrauchtist. Vor Entfernung des Butterflys musszuerst der Stauschlauch gelockert oderbeseitigt werden, da es sonst zu einemstarken Blutaustritt aus der Punktionsstelle kommen kann. Anschließend wirderst die Kanüle des Butterflys entferntund dann die Punktionsstelle mit einemTupfer komprimiert. Somit wird eine Hämatombildung verhindert.Die PRF-Röhrchen (Process for PRF/ mectron) wurden speziell für die Herstellung von PRF entwickelt. Es existierenzwei Varianten. Für die Herstellung vonsolidem PRF werden rot gekennzeichnete Röhrchen verwendet. Die Oberflächedieser Röhrchen besteht aus Glas undkann die Koagulation während der Zentrifugation fördern. Damit kann eine festePRF-Matrix gewonnen werden. Die orange gekennzeichneten Röhrchen besitzeneine plastikbeschichtete Oberfläche, diedie Koagulation verlangsamt (Abb. 6).Dadurch kann ohne die Verwendung vonAntikoagulantien direkt nach der Zen trifugation eine flüssige PRF-Matrix her gestellt werden. Die flüssige PRF bleibtbei Raumtemperatur 15 bis 20 Minutenflüssig und koaguliert dann zu einer festen PRF-Matrix. Es ist möglich, beideRöhrchenarten (rot und orange) parallel,das heißt in einem Zentri fugationsschrittzu verwenden. Damit kann man gleichzeitig solides und flüssiges PRF herstellen.Zu beachten ist bei dieser Zentrifugationsform, dass sich immer zwei gleich farbige Röhrchen gegenüberstehen (gegebenenfalls mit Wasser gefüllt) (Tab. 2).Checkliste Blutentnahme Desinfektionsmittel Stauschlauch Tupfer Handschuhe PRF-Butterfly PRF-Röhrchen Abwurf Pflasterteamwork 3/2018 5
THERAPIE & PROTHETIK I FOKUS7a – d Bilanzmuster der Zentrifuge bei derBeladung von 2, 3, 4 und 6 Röhrchen. EineZentrifugation von 5,7, 9 oder 11 Röhrchenist nicht möglich. Hierfür muss zusätzlichein mit Wasser gefülltes Röhrchen verwendet werdenZentrifugationFür die Herstellung von PRF-Matrizenwird das Blut zentrifugiert. Die technischen Eigenschaften der Zentrifuge sindentscheidend für eine korrekte Protokollanwendung. Die Anzahl der Umdrehungen pro Minute (UpM) und die Zentrifugationszeit können an der Zentrifugeeingestellt werden. Daraus resultiert dieGröße der relativen Zentrifugalkraft(RCF). Diese Größe ist entscheidend fürdie Herstellung von PRF. Die RCF hängtnicht nur von der eingestellten UpM-Zahl,sondern auch von dem Radius der verwendeten Zentrifuge und dem Rotorwinkel ab.Deshalb müssen die Angaben der RCF undUpM für unterschiedliche Zentrifugen immer speziell umgerechnet und angepasstwerden. Die hier vorgestellten Angaben(siehe Tab. 2) beziehen sich auf eine Zentrifuge mit einem Radius von 110 mm undeinem festen Rotorwinkel (Duo Centrifuge, Process for PRF/mectron).Nach der Blutentnahme sollen die vollenRöhrchen zügig zentrifugiert werden, dadie physiologische Koagulation des Blutes bereits nach etwa zwei Minuten einsetzt. Das Blut soll in flüssigem Zustandzentrifugiert werden und nicht erst,nachdem es koaguliert ist. Ansonstenkann die Trennung der Blutbestandteilenicht erfolgen.Zu beachten ist darüber hinaus, dass dieZentrifuge auf einer stabilen Unterlage platziert wird. Bei der Beladung derZentri fuge mit den gefüllten Röhrchenmuss auf das Balancieren besonders geachtet werden, um eine Vibration derZentrifuge und somit Manipulation desgebildeten Zentrifugalkraftfelds zu minimieren. Es dürfen immer nur volle Röhr6 teamwork 3/20187a7b7c7dchen und es müssen mindestens zwei volle Röhrchen zentrifugiert werden, um dieBalance zu erhalten. Das Ausbalancierender Zentrifuge kann auch durch ein mitWasser gefülltes Röhrchen erfolgen. Jenach Anzahl der zentrifugierten Röhrchen kann auch eine ungerade Anzahlan Röhrchen balanciert werden (Abb. 7).Herstellung und Prozessierung dersoliden PRF-MatrizenIm Falle der soliden PRF-Matrizen entstehen direkt nach der Zentrifugationzwei solide Phasen. Durch die Trennungdes Blutes resultieren PRF und als zweite Phase die restlichen Blutbestandteile(rote Phase). Die rote Phase beinhaltethauptsächlich Erythrozyten und grenztdirekt an die PRF-Matrix. Um die solide PRF-Matrix von der roten Phase zutrennen, empfiehlt es sich, ein stumpfesInstrument zu verwenden, damit die PRFMatrix nicht verletzt wird. Das Schneidenmit einer Schere darf nur innerhalb derroten Phase verwendet werden, um einegrobe Trennung zu schaffen (Abb. 8).Anschließend wird, falls erforderlich, dieTrennung der PRF-Matrix durch Streichbewegung mittels eines stumpfen Instruments, zum Beispiel einer geschlossenenSchere, präpariert.Nachdem die PRF-Matrizen aus der roten Phase getrennt wurden, können sieanschließend mithilfe einer dafür geeigneten PRF-Box weiterprozessiert werden.Die Box besteht aus einem Behälter, einemgroßen und einem kleinen Stempel sowieeinem Deckel mit Eigengewicht, die allesamt für unterschiedliche Indikationenangewendet werden können (Abb. 9).Solide PRF-Matrizen können in ein PRFPlug (Abb. 10) oder eine dünne PRFMatrix gepresst werden (Abb. 11). Fürdie Herstellung eines PRF-Plugs, das vorallem für Socket-Preservation verwendetwerden kann, wird die nicht gepresstePRF-Matrix in die dafür vorgesehenenBehälter eingebracht und mithilfe deskleinen Stempels vorsichtig kondensiert,bis die geeignete Größe anhand der Markierung erreicht wird (Abb. 12). WeitereKondensation über die Markierung hinaus
FOKUS I THERAPIE & PROTHETIK8a8b101112a0912b12c12d8a & b Trennen der roten Phase vom soliden PRF. Ungepresste PRF-Matrix I 9 Aufbau derPRF-Box I 10 Gepresstes PRF-Plug I 11 Gepresste PRF-Matrix I 12 Vorgehensweise beider Herstellung eines PRF-Plugs a) Integrierte Behälter und Stempel für die Herstellung vonPRF-Plugs b) zuwenig gepresst c) optimale Position d) überpresst I 13 Das resultierteExsudat nach dem Pressen der PRF-Matrix/Plug13kann zur Zerstörung der Matrix führen.Für die Herstellung einer membranartiggepressten PRF-Matrix werden die nichtgepressten PRF-Matrizen auf das Gitterder Box gelegt und mit dem großen Stempel ohne aktiven Druck abgedeckt. Anschließend wird der Deckel aufgelegt undgewartet (ein bis zwei Minuten). Durchdas Eigengewicht des Deckels werdendie PRF-Matrizen mit einem kontinuierlichen und homogenen Druck bearbeitet.Die Box enthält einen Stopper, der denDruckvorgang nach Erreichen der vorgegebenen Dicke bremst. Die gepresstePRF-Matrix kann allein, zum Beispielals Wundverband auf die Entnahme stelle von Schleimhauttransplantaten,im Rahmen der regenerativen Parodontalchirurgie oder zur Rezessionsdeckungverwendet werden.Die gepresste Matrix kann auch mittelseines Skalpells geschnitten oder mit einer Naht versehen werden. Eine weitereAnwendungsmöglichkeit ist, Öffnungenin der gepressten PRF-Matrix zu präparieren und über frisch gesetzten Implantaten zu applizieren, die transgingivaleinheilen sollen.Ferner kann die gepresste PRF-Matrix zerkleinert und mit Knochenersatzmaterial(KEM) kombiniert werden (siehe unten).Nach dem Pressen der PRF-Matrix fürdie Herstellung einer gepressten PRFMatrix oder eines PRF-Plugs verbleibt inder Box eine Flüssigkeit, das PRF-Exsudat(Abb. 13). Diese Exsudate sind wachstumsfaktoren- und zellarm. Sie könnenanstelle der physiologischen Kochsalzlösung zur Wundspülung verwendet werden, haben aber im Gegensatz zu den soliden und flüssigen PRF-Matrizen keine sogroße Regenerationsfähigkeit.teamwork 3/2018 7
THERAPIE & PROTHETIK I FOKUS14 Injizierbare PRF in der SammelspritzeHerstellung und Prozessierung derflüssigen PRF-MatrizenBei der Herstellung des flüssigen PRFentstehen nach der Zentrifugation zweiflüssige Phasen, PRF und die restlichenBlutbestandteile (rote Phase). PRF wirdin dem Fall mittels einer Spritze gesammelt. Hierfür eignet sich eine Spritzemit einem Volumen von 5 ml und einerlangen und breiten Kanüle (25G x 1,5“;0,5 x 40mm), (Abb. 14). Zunächst wirdder Deckel des PRF-Röhrchen vorsichtigentfernt. Ein Durchstechen durch denDeckel ist möglich, beeinträchtigt aberdie Sicht. Für eine bessere Übersichtkann das Röhrchen leicht gekippt werden (Abb. 15), sodass die Grenze zwischendem PRF und der roten Phase klar dargestellt wird. Mit der Kanüle kann dann dasflüssige PRF aspiriert werden. Dabei emp-16a & b Schneiden der gepressten PRF-Matrix8 teamwork 3/201815 Trennung des flüssigen PRFs von der roten Phasefiehlt es sich, immer soweit wie möglichin der oberen Phase zu bleiben und sichder Grenze zur roten Phase schrittweiseund langsam zu nähern (Abb. 15).Das gesammelte flüssige PRF hat vieleEinsatzbereiche in der regenerativenMedizin und Zahnmedizin. Es kann imSinne von Infiltration in das Gewebe gespritzt werden oder zur Kombination mitBiomaterialien verwendet werden.Biologisierung vonBiomaterialien mittels PRFBiomaterialien wie kollagenbasierteMembrane und KEM werden aus unterschiedlichen Quellen gewonnen, zumBeispiel natürlich (allogen, xenogen)oder synthetisch. Beide Arten verfügen über keine bioaktive Komponenteund können lediglich als Gerüst oderLeitstruktur dienen. Durch die Kombination mit flüssigen und/oder solidenPRF-Matrizen werden Biomaterialienmit körpereigenen Zellen, Plasma undWachstumsfaktoren funktionalisiert, bevor sie in den Defekt eingebracht werden.Diese „Biologisierung“ soll die regenerative Kapazität der Biomaterialien erhöhen und ihre Integration in dem Defektunterstützt werden. Ferner erlaubt dieKombination von PRF mit Biomaterialien eine vereinfachte Handhabung derBiomaterialien.Für die Kombination mit Biomaterialienkönnen solide und flüssige PRF-Matrizesentweder einzeln oder zusammen verwendet werden.Die gepresste PRF-Matrix kann in einer zerkleinerten Form mit KEM kombiniert werden. Hierfür wird die gepresste PRF‑Matrix
FOKUS I THERAPIE & PROTHETIK1817 Kombination des soliden PRF mit einemKnochenersatzmaterial (Bio-Oss, GeistlichBiomaterials)in ein kleines Schälchen gelegt und miteiner Schere kleingeschnitten (Abb. 16).Anschließend wird das KEM in einemMischungsverhältnis von 1 : 2 (2x KEMund 1x PRF) beigemischt. Zusätzlichwird das konstruktsolide PRF/KEM mitdem flüssigen PRF verstärkt, um einbioaktives, PRF-beladenes und stabilesKEM-Transplantat zu erhalten (Abb. 17).Mit diesem Schritt werden die Granulate des KEM in der Fibrin matrix des PRFintegriert und erlauben somit eine einfache Handhabung beim Einbringen in denDefekt. Zusätzlich verleiht das Fibrin einegewisse Stabilität, sodass sich einzelneKEM-Granulate durch den Druck undLappenver schluss nicht mehr verschieben lassen.Die Kombination der PRF-Matrizen mitden kollagenbasierten Biomaterialien(Kollagenmembrane und -matrizen) kannnur mittels des flüssigen PRF erfolgen.Hierbei wird das in der Spritze gesammelte flüssigen PRF auf das kollagenbasierteBiomaterial appliziert (Abb. 18). Ein aktives Spritzen des flüssigen PRF in dasBiomaterial soll vermieden werden, umdie initiale Struktur der Biomaterialiennicht zu verändern oder gar zu zerstören. Die Bestandeile des flüssigen PRFpene trieren das Biomaterial und erhöhendurch das Fibringerüst seine Stabilitätund Bioaktivität (Abb. 19). Ferner werdenporöse Kollagen-basierte Biomaterialien,die schwer zu applizieren, jedoch für denRegenerationsprozess wichtig sind, durchdas flüssige PRF stabilisiert. Somit wirddie klinische Handhabung einfacher.1918 Kombination einer kollagenbasierten Matrix mit dem flüssigen PRF I 19 Kollagen basierteMatrix (Mucograft, Geistlich Biomaterials nach der Kombination mit einer Kochsalzlösung(links) und dem flüssigen PRF (rechts)Klinische IndikationenPRF wird in unterschiedlichen Indikationen der regenerativen Medizin undZahnmedizin verwendet, vor allem in derImplantologie und Parodontologie. DasPRF kann sowohl als präventive Maßnahme im Rahmen der Socketpreservationals auch in den augmentativen Verfahrenin Abhängigkeit von der Defektmorphologie und Größe allein oder in Kombinationmit KEM verwendet werden. Diverse klinische Studien haben die Zuverlässigkeitdes PRF als alleiniges Füllmaterial sowohlbei der Socketpreservation als auch beimSinuslift bestätigt. Dabei hatten die gesetzten Implantate sechs Jahre nach Sinuslift eine Überlebensrate von 100 %.Eine Übersichtsarbeit von Ghanaati etal. zeigte, dass in sieben kontrolliertenStudien zur chirurgischen Behandlungvon Parodontitis mittels PRF versuseine konventionelle Lappenoperationeine statistisch signifikante Verbesserungder Sondierungstiefen und Attachment verluste in der PRF -Gruppe erreicht werden konnte [11]. Ferner eignet sich PRFin der klinischen Anwendung aufgrundseiner autologen Quelle und Bioaktivitätgut für die Behandlung von medikamentenassoziierten Kiefernekrosen. Da dasKrankheitsbild eine Einschränkung derVaskularisation und Regeneration zeigt,kann die Freisetzung von Wachstumsfaktoren (VEGF) die Vaskularisation undvon Epidermal Growth Factor (EGF) dieEpithelialisierung fördern [5]. Diese Ergebnisse wurden in klinischen Studienbeobachtet. Dennoch finden sich in derLiteratur zahlreiche unterschiedliche Behandlungsprotokolle, die es erschweren,systematische Auswertungen der klinischen Daten und Metaanalysen durchzuführen. In diesem Sinne werden laufendesystematische und kontrollierte klinischeStudien mit den vorgestellten Protokollendie Überlegenheit des PRF in unterschiedlichen Indikationen zeigen müssen.teamwork 3/2018 9
THERAPIE & PROTHETIK I FOKUSFazitDas plättchenreiche Fibrin (PRF) ist einBlutkonzentratsystem, welches durch dieZentrifugation des patienteneigenen peripheren Blutes hergestellt wird. DasVerzichten auf jegliche externe Zusätzebeziehungsweise Antikoagulantien machtdas PRF zum einzigen 100 %ig autologenBlutkonzentratsystem. Durch die Reduktion der verwendeten Zentrifugalkraftwurden gemäß des sogenannten LowSpeed Centrifugation Concept (LSCC)sowohl für das solide als auch für dasflüssige PRF Herstellungsprotokolle entwickelt, die Leukozyten, Thrombozytenund ihre Wachstumsfaktoren maximalkonzentrieren. Somit wird das hergestellte PRF bioaktiver. Die Anwendung desPRF für unterschiedliche klinische Indikationen zur Regeneration des Knochensund des Weichgewebes ist eine sinnvolleminimalinvasive Maßnahme, die die Regeneration unterstützen kann. Die relativeinfache Handhabung des PRF ermöglicht dessen Integration im klinischenAlltag sowohl in großen Klinikeinrichtungen als auch in der niedergelassenenZahnarztpraxis. Prof. Dr. Dr. Dr. Shahram Ghanaatiabsolvierte in den Jahren 1995 bis 1996ein Studium der Physik, von 1997 bis 2004ein Studium der Medizin und von 2005 bis2009 ein Studium der Zahnmedizin. 2005war er wissenschaftlicher Mitarbeiter derKlinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie,Universitätsklinikum Mainz, und von 2005bis 2015 wissenschaftlicher Mitarbeiter amInstitut für Pathologie. An der Klinik fürMund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie, Johann Wolfgang Goethe- UniversitätFrankfurt a. M., begann Prof. Ghanaati 2007als wissenschaftlicher Mitarbeiter (Direktor:Prof. Dr. Dr. Dr. R. Sader) und erhielt 2013 dieAnerkennung zum Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie. Seit 2013 leitet erdas Kopf-Hals-Tumorzentrum des Universitären Centrums für Tumor erkrankungenund ist zudem Leiter des onkochirurgischenund rekonstruktiven Schwerpunktes. Imselben Jahr wurde Prof. Ghanaati zumgeschäftsführenden Oberarzt und 2016 zumleitenden Oberarzt und Stellvertreter derDirektors ernannt. 2017 folgte die Ernennungzum außerplanmäßigen Professor. Seit 2007leitet Prof. Ghanaati zudem das Forschungs-labor
Allerdings wird die Herstellung dieser Systeme aufgrund der mehrmaligen Zen-trifugation und der externen Zusätze als zeitaufwendig und techniksensitiv emp-funden. 2001 stellten Choukroun et al. das plätt-chenreiche Fibrin (Platelet-Rich Fibrin PRF) als ein 100 % ig